Serien-Tipp: „(Hospital der) Geister“
(Hospital der) Geister (Riget, Lars von Trier, DNK 1994/1997)
Heute gibt’s mal eine kleine Kuriosität: wusste jemand, dass Lars von Trier, dieser dänische Tausendsassa und Mitbegründer der Dogma 95-Bewegung, in den 90ern mal eine TV-Serie produziert hat? Nein? Ich bis vor Kurzem auch nicht.
Quelle: horrorpilot.com
Man kann guten Gewissens behaupten, dass Geister zurecht zu den eher vergessenen Kleinoden des skandinavischen Fernsehens gehört. Denn wie bei Herrn von Trier zu erwarten ist das Ergebnis alles andere als massenkompatibel – und das obwohl die Grundvoraussetzungen recht vielversprechend klingen.
Hier werden nämlich zwei bewährte Seriengenres miteinander vermengt: die Krankenhaus- und die Mysteryserie. Das königliche Reichskrankenhaus in Kopenhagen wurde einst auf verfluchtem Boden gebaut und so treiben dort heute zahlreiche übernatürliche Gestalten ihr Unwesen. Die Hypochonderin Sigrid Drusse tritt in Kontakt mit einem dieser Wesen – einem kleinen Mädchen – und versucht fortan die Hintergründe ihres Todes zu enthüllen. Der andere Handlungsstrang widmet sich den Verfehlungen des unfassbar unsympathischen, schwedischen Neurochirurgen Stig Helmer, dessen Verachtung für andere Menschen (und speziell Dänen) eines der zentralen Leitmotive der Serie ist.
Diese beiden skurrilen Figuren sind aber nur die Spitze des Eisbergs: jeder, ja wirklich jeder einzelne in diesem Krankenhaus ist auf irgendeiner geistigen Ebene zurückgeblieben oder hat zumindest ernsthafte psychische Probleme. Daraus ergeben sich immer wieder die absurdesten Situationen. Wenn in der Mitte der Serie die Leitung des Krankenhauses einmal die neurochirurgische Abteilung inspiziert, ist das Situationskomik par excellence. Wer bis dahin aufmerksam geblieben ist – so schwer das auch sein mag – wird sich defintiv schlapp lachen.
Das ist dann auch das große Paradoxon der Serie. Trotz all des Ernstes, mit der von Trier hier operiert, und trotz der vielen drastischen und ekelerregenden Bilder, ist Geister mehr Komödie als Drama – bizarres bis fast schon surrealistisches Fernsehen, das immer wieder beweist, dass Lars von Trier vielleicht einen leichten Dachschaden hat, aber sein Handwerk ohne Frage beherrscht. Das fällt vor allem auf, wenn seine hektische Handkameraarbeit und die zahlreichen Jumpcuts mal wieder durch eine richtig gute Einstellung oder eine der aufwendigen Plansequenzen durchbrochen werden.
Wer einen starken Magen, viel Geduld und die Bereitschaft für einen ungewohnten und anstrengenden Erzählstil mit sich bringt, kann deshalb gerne mal einen Blick riskieren. Acht Folgen von jeweils etwa einer Stunde Länge umfasst das Gesamtpaket – trotzdem möchte ich davor warnen, dass das Ende sehr unbefriedigend ausfällt und unheimlich viele Fragen offen lässt, da die geplante dritte Staffel nicht umgesetzt werden konnte. Ein weiterer Punkt, der viele abschrecken dürfte…
Ein Element gibt es dann aber doch noch, das ich unbedingt erwähnen möchte und das ich mir auch bei moderneren Serien sehr gut vorstellen könnte: wenn am Ende jeder Folge von Trier vor die Kamera tritt und auf seine schrullige Art das eben Gezeigte erklärt, kommentiert und interpretiert, bringt das dem Zuschauer einen verdammt hohen Mehrwert.
Als letzter Eindruck von Geister bleibt somit vielleicht, dass Stig Helmer zwar Unrecht hat, wenn er immer wieder behauptet, die Dänen seien allesamt Abschaum. Aber ein gewisses Maß an Irrsinn kann man ihnen nicht absprechen.
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