Kino Review: „Als wir träumten“
Als wir träumten (Andreas Dresen, DEU 2015)
Deutsche Historienfilme – so scheint es – kennen im Wesentlichen nur drei Szenarien: den Nationalsozialismus, die DDR und die Nachwendezeit. Da gibt es schließlich vieles, das verarbeitet werden kann und muss. Als wir träumten – aktuell bei der Berlinale zu bewundern – bedient als einer unter vielen das dritte, macht dabei aber eine äußerst gute Figur.
Quelle: moviepilot.de
Als wir träumten ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Clemens Meyer. Der Leipziger scheint sich für den Inhalt größtenteils bei seiner eigenen Biografie bedient zu haben und liefert damit schon mal eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass ein derartiger Film gut wird: Authentizität. Die Geschichte um fünf Freunde, die zur letzten Generation der FDJ gehörten, fühlt sich äußerst echt an, denn sie nimmt ihre jugendlichen Figuren, deren Lebenswelt und Probleme ernst und schifft elegant an vielen der üblichen Klischees vorbei.
Gänzlich ohne kommt sie dabei natürlich doch nicht aus. Insbesondere die Nebenfiguren bleiben insgesamt recht blass. Ist aber halb so schlimmt, denn diejenigen, auf die es ankommt – das Ensemble um Hauptfigur Dani – wachsen einem schnell an Herz und verbleiben dort auf bis zum Ende des Films, was im Wesentlichen den talentierten und größtenteils überzeugenden Jungschauspielern zu verdanken ist.
Ebenso lobenswert: das Geschehen bleibt stets bodenständig (nicht zu verwechseln mit langweilig). Nächtliche Auto- und Sauftouren, Probleme mit Eltern, Frauen und politischen Randgruppen, Geldnot, Drogen, Kleinkriminalität – das sind alles Dinge, mit denen sich nicht nur, aber besonders die moderne Jugend identifizieren kann.
Der Film schwankt bei der Darstellung dieser Alltäglichkeiten kontinuierlich zwischen Extase, Nihilismus und Tragödie und trifft damit in gewisser Weise genau den Nerv der Zeit. Und er verzichtet – trotz der typischen Coming of Age Story, die er letztlich ist – im Großen und Ganzen auf moralische Bewertungen und Kommentare. Er reflektiert (ohne dabei überheblich zu sein) das Leben der damaligen Jugend und stellt sie dabei weder als reines Opfer des Systems, noch als Alleinverantwortliche für ihr eigenes Schicksal dar – eine Gratwanderung, die nicht vielen Filmen dieses Genres gelingt.
Wofür man Regisseur Andreas Dresen abschließend noch loben muss, ist die vergleichsweise mutige Präsentation. Klar: hier überwiegt die Nüchternheit, die Sterilität und das Grau der Nachwendezeit und des deutschen Kinos an sich. Doch die regelmäßig eingeblendeten Zwischentitel machen Als wir träumten fast schon zu einem kleinen Episodenfilm und die musikalische Untermalung, sowie Licht- und Farbstimmung einiger Sequenzen, erinnern stellenweise stark an Drive – und das im positivsten Sinne gemeint.
Ich bin kein Fan von deutschen Filmen. Im Gegenteil: für gewöhnlich meide ich sie, wo immer es geht. Als wir träumten wird an meiner Einstellung nichts ändern. Er ist auch definitiv kein Oscar-Material. Aber er sticht unter all dem, was die deutsche Filmindustrie jährlich hervorbringt, ohne Frage ein wenig heraus. Überdurchschnittliches (deutsches) Coming of Age-Kino, für das ich bedenkenlos meine Empfehlung aussprechen kann.
Ab 26.2.2015 im Kino.
Anmerkung: Aufgrund meiner eigenen – allerdings äußerst geringen – Beteiligung an dem Film, darf der positive Eindruck in dieser Kritik gerne angezweifelt werden.
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