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Kino Review: „Codename U.N.C.L.E.“

Codename U.N.C.L.E. (The Man from U.N.C.L.E., Guy Ritchie, USA 2015)

Dieser Guy Ritchie. Eigentlich ein guter Mann, der mit Bube Dame König grAs und Snatch eine mehr als vielversprechende Karriere begann, mit Revolver und RocknRolla ein wenig daneben zielte, sich aber (zumindest mit dem ersten) Sherlock Holmes wieder halbwegs fangen konnte. Nun steht sein achter Film in den Startlöchern: Codename U.N.C.L.E. Und die große Frage lautet: Kann er damit zu alten Stärken zurückkehren?

uncle posterQuelle: cinemaxx.de

Um das gleich mal vorweg zu beantworten: Nein. Was aber nicht bedeutet, dass Codename U.N.C.L.E. ein schlechter Film geworden ist.
Doch bevor wir das Pferd von hinten aufzäumen: Worum geht es in diesem Film, dessen Titel sich so umständlich tippen lässt? Ritchie hat sich diesmal für eine Neuinterpretation einer 60er Jahre Serie namens Solo für O.N.K.E.L. entschieden, die den jüngeren Semestern – einschließlich mir – kein Begriff sein dürfte. Dem Vernehmen nach ging es aber schon damals um die Zusammenarbeit von CIA und KGB. In der Post-Kennedy und Prä-Nixon-Ära, zugleich die heiße Phase des Vietnamkriegs, ein erstaunlich progressiver, erzählerischer Ansatz.

In der Version von 2015 hat sich daran nichts Grundlegendes geändert. Die Agenten Napoleon Solo (Henry Cavill) und Ilya Kuryakin (Armie Hammer), die sich in einer anfänglichen, wirklich tollen Verfolgungsjagd noch als Feinde gegenüberstehen, müssen kooperieren, um die Fertigstellung einer Atombombe durch eine Gruppe von Alt-Nazis zu verhindern. Hilfe erhalten sie dabei von einer ostdeutschen Dame (Alicia Vikander), deren Onkel zu den Drahtziehern gehört.

Was Ritchie daraus macht, ist – für ihn typisch – ein stilvoller und ziemlich witziger Agentenfilm, der eine angenehme Balance zwischen Action, Suspense und Humor findet. Das Ganze ist flott erzählt und bietet alle paar Minuten flapsige Sprüche, die glücklicherweise nur in einigen wenigen Fällen erzwungen wirken. Codename U.N.C.L.E. wartet mit einer charmant-lockeren Stimmung auf, womit er – zumindest atmosphärisch – den Geist des aktuellen Blockbusterkinos von Avengers 2 bis Jurassic World atmet. Innerhalb seines Genres trifft U.N.C.L.E. deshalb auch recht genau den Mittelpunkt zwischen Kingsman und den aktuellen Bond-Verfilmungen: weder überzogen-abgedreht, noch düster-ernsthaft.

© Warner Bros.

Stattdessen ist er eine moderne Remineszenz an die Tage der Originalserie und zelebriert die relevanteste popkulturelle Figur des Kalten Krieges – den Geheimagenten – in seiner klischeebeladenen Reinform: der körperlich fitte, unglaublich gut aussehende Womanizer mit Faible für Autos, Hochprozentiges und Anzüge. Schnell und präzise mit der Waffe, geschickt im Nahkampf und stets einen höhnischen Kommentar auf den Lippen. Niemals Angst oder Unsicherheit zeigend und vor allem: in jeder noch so bedrohlichen Situation den entscheidenden, rettenden Einfall haben.

Die Figur des Napoleon Solo würde für sich genommen seltsam konservativ und gleichzeitig ermüdend zeitgeistig wirken – wären da nicht seine beiden Begleiter und Mitstreiter. Der sowjetische Agent Ilya, der mit Wut- und Gewaltanfällen zu kämpfen hat und gerade im Vergleich zu seinem Partner sehr plump wirkt, und Gaby (Alicia Vikander macht kurioserweise selbst als ostdeutsche Automechanikerin eine grandiose Figur) sind einzeln betrachtet zwar ebenfalls nur grob gezeichnete Anhäufungen von Klischees und ebenso klischeehaften Klischeebrüchen. Ihr Zusammenspiel allerdings funktioniert grandios.

Dies ist dann auch zugleich die größte Stärke von U.N.C.L.E. Die Dialoge, die oftmals eher Wortgefechte sind, und die Beziehungen zwischen den einzelnen Figuren leisten den erheblichsten Beitrag zu Story, Humor und schließlich auch zur Gesamtwirkung des Films. Selbst die teils noch blasseren Antagonisten gehen in diesem Ensemble auf. Guy Ritchie beweist damit ein weiteres Mal: Wenn er eines beherrscht, dann aus seiner Figurenkonstellation das Beste zu machen.

uncle 2© Warner Bros.

Prinzipiell gebe es bei Codename U.N.C.L.E. auch nicht viel zu meckern. Dass es dann aber doch nicht zum Hit und zur großen Rückkehr Ritchies reicht, liegt hauptsächlich an zwei Szenen. Zum ersten ist das diejenige, die man als zentralen Plotpoint bezeichnen kann. Hier greift er stilistisch dann doch zu sehr daneben und streckt – wenn auch aus humoristischen Gründen – das Ganze zu sehr in die Länge. Dieser eigentlich so wichtige Moment erscheint schlussendlich nicht nur deplatziert und nimmt unnötig Dynamik aus dem Geschehen; er verfehlt zugleich fast vollständig seine Wirkung.
Zum zweiten – und das ist eigentlich noch fataler – ist das die Auflösung. Etwas, was Ritchie ebenfalls mal konnte (das beweisen Bube Dame… und Snatch), war einen grandioses Payoff zu liefern. Das kam mir diesmal nicht nur seltsam unvollständig vor, sondern will vor allem schlauer sein, als es eigentlich ist. Es ist einer dieser Momente, in dem das vergangene Geschehen nochmals kurz aufgerollt wird, damit dem Zuschauer ob der überraschenden Wendung ein Licht aufgeht – nur dass die Glühbirne hier zuvor gar nicht aus war.

Was ebenfalls einen bitteren Beigeschmack erzeugt, ist die Eindeutigkeit, mit der Codename U.N.C.L.E. als Beginn einer größer angelegten Reihe aufgezogen wird. Vor einigen Jahren hätte man das möglicherweise noch mit einem erfreuten Lächeln hingenommen. In Zeiten des Marvel Cinematic Universe und des bald beginnenden DC Cinematic Universe erzeugt das dann aber doch eher ein mulmiges Gefühl. Das einzig Gute daran: in den nächsten Filmen (oder einer möglichen Serie, die sich tatsächlich sehr anbieten würde) hätte Ritchie zumindest die Gelegenheit, das Potenzial, welches er hier stellenweise leider doch liegen lässt, auszuschöpfen.

Womit sich der Regisseur doch nochmal beweist, das ist die Musikauswahl, die mit einem wunderbaren Mix aus vielen älteren und einem Schuss moderner Stücke die Atmosphäre des Films – bis auf wenige Ausnahmen – äußerst gelungen verfeinert. Beeindruckend sind zudem zwei Actionsequenzen, in denen Ritchie mit Splitscreen, Bildschüben und -übergängen eher Collagen denn Szenen schafft. Das wirkt allerdings verdammt frisch und dynamisch – bitte mehr davon.

Wäre Codename U.N.C.L.E. kein Guy Ritchie-Film, hätte er mich einerseits deutlich weniger interessiert – andererseits wären meine Erwartungen aber auch wesentlich geringer gewesen. Zu sagen, dass sie enttäuscht wurden, wäre übertrieben. Ritchies neuestes Werk hat immer noch genug Charme, Humor und „Freshness“, um als guter Film durchzugehen. Es sind dann aber leider doch die erwähnten zwei, drei Schwachstellen, die aufgrund ihrer Gewichtung innerhalb der Dramaturgie den Zuschauer zu sehr aus dem Geschehen reißen und die Codename U.N.C.L.E. das „sehr gut“ verwehren. Trotzdem: ein sehr unterhaltsamer Film, der als oldschooliger Agentenfilm eine gelungene Alternative zu Mission: Impossible 5 sein dürfte.

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