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Serien-Tipp: „The Newsroom“

The Newsroom (HBO, 2012-2014)

Die HBO-Produktion The Newsroom einen Geheimtipp zu nennen, wäre vermessen. Und dennoch musste ich immer wieder feststellen, dass scheinbar nur wenige diese Serie kennen. Was schade ist, denn The Newsroom ist ebenso anspruchsvoll wie unterhaltsam und dadurch absolut empfehlenswert. Deswegen muss ich an dieser Stelle mal den Missionar spielen.

Einfach gute Nachrichten
Wenn ich mit einer neue Serie beginne, habe ich eine ganz einfache Regel: bin ich nach zwei Folgen nicht gepackt, bin ich raus. Auch wenn man damit Gefahr läuft, die tollen Dinge noch zu verpassen: Autor und Regisseur(e) müssen mich in ein-einhalb bis zwei Stunden überzeu-gen können. The Newsroom ist das bereits in den ersten zehn Minuten gelungen.newsroom

Es beginnt mit einer Podiums-diskussion. Will Macavoy (Jeff Daniels), Anchorman einer quoten-starken US-Nachrichtensendung, sitzt zwischen einer Demokratin und einem Republikaner, die sich mit den üblichen Plattitüden bewerfen. Er selbst ist gelangweilt und genervt, beantwortet gestellte Fragen nur mit Witzen oder weicht ihnen aus. Eine junge Studentin stellt eine Frage: „Warum ist Amerika das großartigste Land der Welt?“ Nach einem weiteren Scherz fordert der Moderator von Macavoy eine ernsthafte Antwort – woraufhin der in einen dreiminütigen Monolog ausbricht, der allen im Saal den Atem verschlägt.

Wem bereits diese ersten Minuten von The Newsroom gefallen, der kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass ihm auch der Rest der Serie mehr als zusagen wird. Dann geht es jedoch nicht mehr um die eingangs gestellte die Frage, sondern um die Umgestaltung der von Macavoy moderierten Abendnachrichten. Aus einer banalen und flachen Sendung soll nämlich wieder etwas Aufrüttelndes und Relevantes werden. Oder wie es selbst so schön in der Serie gesagt wird: „Einfach gute Nachrichten.“ Journalistischen Ethos wiederbeleben, wichtige und empfindliche Themen behandeln, kritisch be- und hinterfragen – das ist das neue Credo, nach dem die Redaktion des fiktiven Senders ACN Networks nun agiert. Und genau das passiert dann auch.

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Jeff Daniels in einer Paraderolle
The Newsroom 
brilliert sowohl durch seine thematische Vielfalt als auch seine inhaltliche Schärfe. Die Deepwater-Horizon-Katastrophe, welche als Aufhänger der ersten Folge dient, die Tötung Bin Ladens oder die US-Präsidentschaftswahlen – solche Ereignisse bilden den realen, narrativen Rahmen für die eigentliche Handlung und werden zumeist überaus kritisch aufgearbeitet und kommentiert. Man gibt sich nicht mit einfachen Antworten zufrieden – The Newsroom ist stattdessen herrlich ambivalent und vielstimmig. Greift man die Gerüchte über den Tod einer Person auf oder wartet man aufeine Bestätigung? Verlässt man sich auf die Quelle oder überprüft man zunächst deren Hintergrund? Dass dabei nicht alles glatt läuft, versteht sich von selbst – aber genau das macht den Reiz der Sache aus.

Das Glanzlicht des Ganzen ist natürlich Mann, der das alles präsentiert: Jeff Daniels. Der liefert hier eine Performance ab, die schlicht und ergreifend grandios ist. Mit einer messerscharfen Rhetorik gesegnet zerlegt er regelmäßig seine Studiogäste und Interviewpartner – immer kritisch, niemals parteiisch oder zurückhaltend. Ein bisschen wie Michel Friedman, nur besser, witziger und hundertfach sympathischer.

Es bleibt nicht bei der reinen Porträtierung der redaktionellen Arbeit. In den Nebenhand-lungssträngen wird auch immer das Zwischenmenschliche bedient und betont: Freundschaften, Beziehungen, persönliche Dramen – das übliche Drumherum also. Stellenweise ist das ein wenig zäh und redundant, trägt aber meist sehr gut zur Charakter-zeichnung bei und macht aus den vermeintlich unnahbaren Journalisten greifbare Figuren, die man allmählich liebgewinnt.

Von wegen „Lügenpresse“
Als Produzent und Autor zeichnete Aaron Sorkin (u.a. Drehbuch für Steve Jobs und The Social Network) verantwortlich, der wieder einmal mit seinen typischen geschliffenen und schnellen Dialogen vollsten punkten kann. Und obwohl kein Mensch so redet, wie Sorkin es aufschreibt, hat The Newsroom dennoch genau den Grad an (Pseudo-)Authentizität, den ich so liebe. Man kauft es den Figuren einfach ab, dass sie so wortgewandt und schlagfertig sind – und die journalistischen Arbeitsprozesse und behandelten Themen sind packend genug um vergessen zu lassen, dass das alles nur fiktiv ist. Das Ganze bröckelt allerdings dann, wenn es um reale Persönlichkeiten geht. Ein Barack Obama oder Mitt Romney lassen sich eben doch nicht für einen Gastauftritt in einer derartigen Produktion gewinnen (wohl auch, da der Grundton ein durchweg kritischer ist) – hier stößt die Glaubwürdigkeit einer solchen Serie letztlich an die Grenzen der Realität.

Der echte Mehrwert des Ganzen liegt jedoch im (wenn auch fiktiven) Einblick, der dem Zuschauer in diese Institution gewährt wird. Egal ob The Newsroom für den Journalismus oder etwa House of Cards und Borgen für die Politik – hier gilt überall das gleiche: Auch wenn die so genannte „Wahrheit“ nicht abgebildet werden mag und auch wenn das alles viel dramatischer als in der Realität ist, so machen uns diese Serien dennoch begreifbar, dass da eben nicht nur faule, verlogene und korrupte Betrüger am Steuer sitzen. (Okay, bei House of Cards vielleicht schon…) Es sind hochkomplexe, ambivalente Systeme, in denen die verschiedensten Interessen aufeinandertreffen und (mehr oder minder) normalen Menschen arbeiten. Schwarz-Weiß-Malerei oder „Lügenpresse“-Rufe werden durch solche Werke zu denjenigen Plattitüden degradiert, die sie sind.

Fazit
Nach drei knackigen Staffeln und einem etwas abrupten, aber gelungenem Ende ist der Spaß dann auch schon vorbei. The Newsroom ist eine intelligent geschriebene und erzählte Serie mit zahlreichen tollen Momenten, die jedem an’s Herz gelegt sei, der sich auch nur halbwegs für einen Einblick hinter die Kulissen Nachrichtenredaktion interessiert.

5,0

Bilder & Trailer: (c) Warner Home Video

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