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Kritik: „The Nice Guys“

The Nice Guys (Shane Black, USA 2016)

Die Buddy-Actionkomödie The Nice Guys trägt ihre Qualitätsbeschreibung bereits im Namen: Nett, nicht mehr und nicht weniger.

Mal ehrlich: Wie viel kann man mit einer einfachen Buddy-Cop-Actionkomödie schon falsch machen? Das Grundrezept – zwei gegensätzliche Figuren werden zusammengeworfen, lernen voneinander und werden am Ende zum perfekten Team – funktioniert doch prinzipiell immer und in allen möglichen Genres. Die Kombination von Action und Humor, Härte und Witz garantiert auch stets gute Unterhaltung. Jetzt steckt man das Ganze noch in ein geiles 70er-Jahre-L.A.-Szenario (womit auch gleich für ordentlich nackte Haut gesorgt ist) und packt als Kirsche zwei großkalibrige Schauspieler drauf. Fertig ist ein Kassen-schlager und ganz unterhaltsames Stück Kino – möchte man meinen. Da grenzt es dann schon an ein Mysterium, dass The Nice Guys trotz all dieser Zutaten ein solch mittelmäßiger und unspektakulärer Streifen geworden ist.csm_COC_NG_5111_Plakat_RZ_A4_1400__1__ca287dbbb2

Krimi ohne Spannung
Dabei fängt alles so vielversprechend an: Eine Kamerafahrt über das nächtliche, neonerleuchtete Los Angeles, begleitet vom funkigen Bass des Temptations-Songs „Papa was a rolling stone“. Nach 30 Sekunden hatte mich The Nice Guys bereits gepackt und wenn ich ehrlich bin, hat er mich auch bis zum Schluss nicht mehr losgelassen. Was allerdings nicht bedeutet, dass mich dieser Spaziergang zu irgendeinem Zeitpunkt begeistert hätte. Deshalb hat Shane Blacks (Iron Man 3) neuester Film die Bezeichnung „Spaziergang“ auch absolut verdient: ganz nett, aber ohne nennenswerte Höhen und Tiefen.

Die zwei Herzstücke von The Nice Guys sind natürlich seine beiden Hauptfiguren. Ryan Gosling verkörpert den selbstverliebten und wenig kompetenten, aber dennoch erfolgreichen Privatdetektiv Holland March, Russell Crowe den professionellen, aber erfolglosen Berufsschläger Jackson Healy. Beide Figuren sind ihren Darstellern auf den Leib geschrieben und ganz genau das, was man gemeinhin als ziemlich coole Typen bezeichnet. Deren erste Begegnung endet für den einen noch ziemlich schmerzhaft – Healy verpasst March nämlich diverse Prellungen und einen Unterarmbruch – wenig später tun sie sich jedoch notgedrungen zusammen, um ihre Fähigkeiten bei der Suche nach einem jungen Mädchen zu bündeln.

The Nice Guys wartet mit einer soliden, recht vorhersehbaren Story auf, die ein ums andere Mal auch zu überraschen weiß und am Ende sogar so etwas wie einen wirtschaftskritischen Kommentar abgibt. Echte Spannung will im Laufe des Films aber nicht aufkommen. Das liegt vor allem daran, dass er sich nicht entscheiden kann, ob er nun Krimi, Actionfilm oder Komödie sein will – weshalb leider keiner dieser Aspekte wirklich zufriedenstellend umgesetzt ist. Wo andere Filme solch einen Balance-Akt meistern und eine unterhaltsame Symbiose kreieren, kann sich The Nice Guys zu keiner Zeit aus seiner Mittelmäßigkeit herauskämpfen. Die sporadischen Action-einlagen sind okay, aber total unspektakulär inszeniert und lassen vor allem jegliches Potential für visuelle Gags liegen.

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Komödie ohne (ausreichend) Witz
A propos Humor: Der hat mal wieder mit dem üblichen Problem zu kämpfen, dass die besten Gags und Sprüche bereits im Trailer verbraten wurden. Wer den bisher noch nicht gesehen hat, sollte das auch weiterhin tunlichst vermeiden und könnte dann tatsächlich deutlich mehr Spaß haben. Wer hingegen in den letzten Monaten öfter im Kino war und es deshalb nicht vermeiden konnte, die entsprechenden Werbeclips zu sehen, dem werden im fertigen Film kaum noch frische Witze präsentiert. Bis auf ein paar Schmunzler und zwei, drei Lacher (einer davon durch einen wirklich guten Hitler-Gag) konnte The Nice Guys aber nichts mehr aus meinem Zwerchfell herauskitzeln. Bleibt noch den Krimi-Anteil und der ist in der Tat derjenige, der noch am ehesten funktioniert, auch wenn das Ganze ein wenig zu komplex ist und, wie erwähnt, nicht die Spannung aufbauen kann, die ein wirklich guter Krimi benötigt.

Selbst die prinzipiell fantastische Retro-Atmosphäre (eigentlich genau mein Ding) kann das anfangs angedeutete Niveau nicht halten. Schräge Klamotten, schön ausgearbeitete Kulissen und Lichter in allen Tönen des Farbspektrum – immerhin ist The Nice Guys ein angenehm farbenfroher Film. Dieses Szenario ist dann auch ganz nett anzusehen, und dennoch eher ein Gimmick denn essentieller Bestandteil des Films. Denn einerseits würde der Film ganz genau so funktionieren, wenn man sein 70er- durch ein 2000er-Setting austauschen würde. Andererseits kommt das damalige Lebensgefühl – bis auf eine sehr gelungene Partyszene – leider kaum zur Geltung. In dieser Hinsicht muss sich The Nice Guys vergleichbaren Filmen wie Boogie Nights oder dem am selben Tag angelaufenen Everybody wants some!! absolut geschlagen geben.

Fazit
Man merkt, was Shane Black aus seinem neuesten Film machen wollte: eine lockere Krimi-Action-Komödie mit einem sympathischen Anti-Helden-Duo und einer politkritischen Note im Abgang. Vermutlich hat er sich dabei schlicht zu viel vorgenommen, denn in seiner Umsetzung ist The Nice Guys leider ein unfassbar durchschnittlicher Film geworden, der nichts wirklich falsch und genau so wenig richtig macht. So viel ungenutztes Potential, so wenige Momente, die hängen bleiben: The Nice Guys ist kein schlechter Film – aber leider auch kein guter.

3,0

Bilder & Trailer: (c) Concorde Filmverleih

4 Kommentare zu „Kritik: „The Nice Guys“ Hinterlasse einen Kommentar

  1. Danke für deinen Kommentar bei mir und den Link zu deiner Review. Auch ich finde mich bei dir total wieder. Du hast das sehr schön zusammengefasst, mittelmäßig ist auch mein Gefühl. Gut und viel gewollt, aber für mich auch nicht richtig rübergebracht.

    Gefällt 1 Person

    • Freut mich, dass es wenigstens noch eine Person gibt, die vom Film ähnlich unbeeindruckt zurückgelassen worden ist, wie ich ^^

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