Filme gesehen #94

Diese Woche mit Madagascar, Der Pianist, Son of Saul und Das Schloss im Himmel.
Madagascar (Eric Darnell/Tom MacGrath, USA 2005)
Jahrelang habe ich mich dieses Films verweigert – und nun sehe ich mich darin bestätigt, das aus gutem Grund getan zu haben. Zunächst muss mal gesagt werden, dass Madagascar inzwischen furchtbar aussieht. Is‘ klar, der Film ist 11 Jahre – aber Findet Nemo sieht immer noch super aus und der ist zwei Jahre älter. Nach einer halben Stunde hat man sich zwar an die steifen, hakeligen Animationen und eckigen Formen gewöhnt, das macht den Film aber auch nicht besser. Die Grundidee (New Yorker Zootiere gehen beim Schiffstransport verloren und stranden auf Madagaskar) ist ja ganz passabel, doch weder Humor noch Handlung können überzeugen. Letzteres krankt auch daran, dass der Hauptkonflikt ohne eine ordentliche Auflösung beiläufig weggewischt wird. Damit qualifiziert sich Madagascar als weiterer Animationskinderfilm, der eine erwachseneres Publikum kategorisch ausschließt – schade.
imdb / Trailer
Der Pianist (The Pianist, Roman Polanski, FRA/UK/DEU/PLN 2002)
Holocaust-Film zum ersten. Ein begnadeter jüdischer Pianist wird seiner Existenz und Leidenschaft beraubt, als er ins Warschauer Ghetto verfrachtet wird, und erlebt dort das, was man als Defintion von „Elend“ bezichnen muss. Dass Der Pianist ein solch starker Film ist, liegt nicht daran, dass er auf wahren Begebenheiten beruht. Und auch nicht unbedingt daran, dass er all das Leid der jüdischen und polnischen Bevölkerung so detailliert und zugleich so beiläufig und allgegenwärtig darstellt. Vielmehr ist es sein zeitlicher Rahmen, der ihn zu einer solch beeindruckenden Interpretation der Realität macht: Von der Invasion der Deutschen bis zu deren Niederlage projiziert Der Pianist eine ganze historische Periode auf eine Person und deren Heimatstadt. Ärgerlich jedoch, dass dabei ausgeblendet wird, dass auch die Sowjets an der Invasion beteiligt waren und am Ende als die großen Retter dastehen.
imdb / Trailer
Son of Saul (Saul fia, László Nemes, HUN 2015)
Holocaust-Film zum zweiten – und diesmal geht es direkt in die Hölle von Auschwitz hinein. Son of Saul konnte mich schon Anfang des Jahres beeindrucken, beim zweiten Mal wirkt der Gewinner des diesjährigen Oscars als bester fremdsprachiger Film noch stärker. Auch hier wird das kollektive Leid der Opfer in einer Figur gebündelt, die im Zuge des irrationalen Wahnsinns um ihn herum in einen ebensolchen verfällt. Doch im Gegensatz zu Polanskis Film, funktioniert Son of Saul weniger (sprich: gar nicht) nach den gängigen Regeln des Hollywoodkinos, was sich besonders in der brillanten Kameraarbeit äußert, die bereits auf rein visueller Ebene für Beklemmung sorgt. Und dann noch dieser unfassbare Grad an Authentizität… Ein Film, der keinen leichten Einstieg bietet – und trotzdem unbedingt gesehen werden sollte. Vor allem hierzulande.
imdb / Trailer
Das Schloss im Himmel (Tenkū no Shiro Rapyuta, Hayao Miyazaki, JPN 1986)
Mit Studio Ghibli setzt man (fast) immer auf die richtige Bank, wenn man nach einem guten Zeichentrickfilm oder einfach nur einem guten Film sucht. Da bildet auch Das Schloss im Himmel keine Ausnahme. Bereits hier sind all die Elemente erkennbar, die Miyazaki in den kommenden Jahren immer wieder aufgriff: ein auserwähltes Mädchen als Hauptfigur, das stets funktionierende Thema Mensch gegen Natur, ein legendärer Ort als Ziel einer Reise und natürlich das stets dauerpräsente Motiv des Fliegens. Wenn man Miyazakis Werk aber bereits zu großen Teilen kennt, wirkt Das Schloss im Himmel mit seiner typischen Heldenreise ein wenig banal – der Film ist zu klassisch, die kreativen Ausbrüche halten sich in Grenzen. Das macht dieses Abenteuer aber nicht weniger sehenswert, als all die anderen guten Animes da draußen.
imdb / Trailer