Kritik: „Florence Foster Jenkins“

Florence Foster Jenkins (Stephen Frears, USA 2016)
Biopic über die angeblich schlechteste Sängerin aller Zeiten, in der besonders Meryl Streep mal wieder glänzen darf. Alles andere jedoch kann wenig überzeugen.
Menschen, die nicht singen können, sich aber trotzdem auf die Bühne drängen, um dem Publikum ihre vokalen Ergüsse darzubieten, sind heute alles andere als außergewöhnlich – RTL, Dieter Bohlen und YouTube sei Dank. Vor 70 Jahren allerdings war das noch ganz anders. Oder?
Talentlose sucht die große Bühne
Der Titel verrät es schon: Florence Foster Jenkins ist die Dame, die im Zentrum dieses Biografiefilms steht. Eine wohlhabende Frau, gesund-heitlich etwas angeschlagen und glücklich verheiratet mit ihrem deutlich jüngeren Mann (Hugh Grant). Eigentlich könnte sie ihren Lebensabend in Ruhe verbringen, stattdessen möchte sie aber ihren Jugendtraum wahrmachen und als Sängerin auf einer der großen Bühnen dieser Welt stehen. Das Problem: Die Frau trifft weder Ton noch Takt, außerdem mangelt es ihr an der nötigen Selbstreflexion. Die kommt allerdings auch nicht von außen, denn weder ihr Mann, noch ihr Gesangslehrer oder der Pianist (Simon Helberg) wagen es, Florence zu kritisieren beziehungsweise mit der Wahrheit zu konfrontieren.
And the Oscarnomination goes to…
Da haben wir sie also, die Rolle, für die Meryl Streep im kommenden Jahr für den Oscar nominiert werden wird. Fehlte in 2016 ja noch. Und obwohl ich eine tatsächlich Auszeichnung der Grande Dame Hollywoods weder begrüßen noch unterstützen würde, so muss man doch attestieren, dass Mrs. Streep ihren Job mal wieder exzellent macht. Mit kraftvoller Mimik verkörpert sie die blauäugig-naive Lady, jedes Lächeln ihrerseits zaubert auch ein Lächeln auf das Gesicht des Zuschauers und ihre Kostümwahl fängt den Geist und die Atmosphäre der Zeit – ebenso wie der Rest des Films – nahezu perfekt ein. Was hier allerdings wirklich beeindruckt, ist die Konsequenz, mit der sie bei ihren zahlreichen musikalischen Einlagen versagt, welche dabei aber niemals zur platten Karikatur werden: Streeps falscher Gesang ist nur selten eine echte Qual für die Ohren – zumindest für solch ungeübte wie die meinen. Entscheidend ist, dass diese Einlagen niemals überspannt werden, weshalb sie auf komödiantischer Ebene hervorragend wirken können.
Apropos: Simon Helberg, dessen Bekanntheit bisher ausschließlich auf The Big Bang Theory fußte, leistet ebenfalls gute Arbeit, kann sich aber dennoch nicht gänzlich von seiner „Paraderolle“ lösen. Als zweiter humoristischer Punkt der Handlung zeigt er durchaus Talent, auch hier stimmen Gestik und Mimik. Für eine Schauspielkarriere jenseits billiger Nerd-Gags muss da aber noch mehr kommen.
Versagt an den entscheidenden Stellen
Nun aber zur entscheidenden Frage: Ist Florence Foster Jenkins ein guter Film? Antwort: Ja, allerdings auch einer, der meilenweit davon entfernt ist, ein sehr guter zu sein. Als Biopic funktioniert er nur bedingt – dazu ist die abgebildete Zeitspanne zu kurz. Doch zumindest innerhalb dieses Abschnittes im Leben der „Sängerin“ leistet er gute Arbeit. Für das letzte Quäntchen Qualität mangelt es Stephen Frears Werk aber an Herzblut und Energie. Sein größtes Problem liegt in den beiden finalen Storyhöhepunkten. Denen fehlt es nämlich in hohem Maße an Nachvollziehbarkeit, und dass der Film ausgerechnet an diesen zwei Stellen versagt, ist besonders ärgerlich. Auch dass Florence Foster Jenkins recht offensichtlich als Oscarkandidat konzipiert ist, tut ihm alles andere als gut. Lediglich seine verquere Zeitgeistigkeit kommt ihm zugute: Dass das Publikum ein sadistisches Vergnügen aus der Performance schlechter Sängern zieht, ist eine Tatsache, die sich seitdem nicht verändert zu haben scheint.
Fazit
Florence Foster Jenkins überzeugt in erster Linie mit seinen Figuren und deren Darstellern, ist allerdings bei weitem nicht der große Wurf, den Namen und Setting vermuten lassen. Ein amüsanter Film, der stark anfängt, dann allerdings nicht genug Kraft und Tempo aufnehmen kann, um letztlich wirklich zu begeistern. Unterhaltsam: ja; preis- oder erinnerungswürdig: kaum.
Florence Foster Jenkins läuft am 24. November 2016 in deutschen Kinos an.
Bilder & Trailer: (c) Constantin Film
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