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Filme gesehen #111

Diese Woche mit Lincoln, Pocahontas und Ein ganzes halbes Jahr.

Lincoln (Steven Spielberg, USA 2012)
Okay, ich habe mich geirrt: In meiner Kritik zu BFG habe ich behauptet, dass mittlerweile nur noch jeder zweite Spielbergfilm ein guter Film wäre. Lincoln, der zwischen Gefährten (gut) und Bridge of Spies (gut bis sehr gut) entstand, hätte demnach ein schlechter sein müssen. Wer hätte gedacht, dass das Historiendrama über den 16. US-Präsidenten beiden den Rang abläuft? Einem harten Einstieg, der leider sehr viel Vorwissen vom Zuschauer verlangt, folgt ein grandioser Film über die letzten Jahre des Sezessionskrieges, in dem Hauptdarsteller Daniel Day Lewis alle paar Minuten beweisen darf, dass er zurecht einer der besten Schauspieler unserer Zeit ist. Ein gutes Dutzend herausragender Akteure stößt – oft nur in kleinsten Rollen – ebenfalls zum Cast dazu. Beeindruckend ist allerdings, mit welcher Ambivalenz der Protagonist hier gezeichnet wird: Lincoln betreibt keine blinde Heroisierung, sondern zeigt (höchstwahrscheinlich vergleichsweise akkurat) welche Probleme und Kompromisse die Abschaffung der Sklaverei mit sich brachte. Vom sperrigen Beginn bloß nicht abschrecken lassen – dieser Film ist verdammt gut!
imdb / Trailer
5,0Pocahontas (Mike Gabriel/Eric Goldberg, USA 1995)
Einer der wenigen Disney-Zeichentrickfilme, die mir in meiner Kindheit entgangen waren – und ehrlich gesagt, hätte das auch so bleiben können. Grundlegend falsch ist bei Pocahontas nichts, aber eben auch kaum etwas richtig gut. Ein Trupp englischer Pioniere segelt auf der Suche nach Gold ins neuentdeckte Amerika, einer davon verliebt sich in die Tochter des örtlichen Indianerhäuptlings – so weit, so flach. Passt schon. Anders sieht’s bei den vielmehr nervigen als tatsächlich witzigen Tier-Sidekicks und dem letzten Handlungsdrittel aus: Da wird nämlich der Dramaturgie nahezu jegliche Nachvollziehbarkeit geopfert. Darüber hinaus will auch die musikalische Untermalung nicht im Kopf bleiben. Oder bin ich mittlerweile einfach nur zu alt?
imdb / Trailer
2,5Ein ganzes halbes Jahr (Me before You, Thea Sharrock, UK 2016)
Über den Großteil seiner Laufzeit erweckt Ein ganzes halbes Jahr tatsächlich den Eindruck, als würde hier mal eine Romanze auf unkonventionelle Weise erzählt werden: Das (höflich ausgedrückt) „einfache“ Kleinstadtmädchen Louisa (Emilia Clarke) verliert ihren Job als Kellnerin und findet eine neue Anstellung als Betreuerin eines querschnittsgelähmten Mittzwanzigers aus wohlhabendem Hause (Sam Claflin). Natürlich muss sich zwischen beiden eine Liebesbeziehung entwickeln – löblich ist, wie langsam und subtil das geschieht. Wenn’s dann aber mal so weit ist, rutscht Ein ganzes halbes Jahr in die tiefsten Tiefen des Kitschs ab, komplett mir seifenopernhafter Strandszene und Bergpanoramen. Hauptdarstellerin Clarke soll zwar eine verschrobene Figur spielen, bringt das aber gänzlich unsubtil, steif und mit einem seltsamen Dauergrinsen auf die Leinwand – sonderlich sympathisch ist das nicht. Ihr männlicher Konterpart macht das schon deutlich besser, doch so sehr er auch körperlich und mental leiden mag: In Anbetracht seines finanziellen Wohlstands will bei mir nicht das nötige Mitleid aufkommen. Als Romanze funktioniert Ein ganzes halbes Jahr gut, doch mehr Eleganz und Feingefühl beim Drehbuch hätten daraus auch einen wirklich guten Film machen können.
imdb / Trailer
2,5

2 Kommentare zu „Filme gesehen #111 Hinterlasse einen Kommentar

  1. Lincoln ist bisher ganz an mir vorbei gegangen, deine Kritik hat mich allerdings sehr neugierig gemacht, danke!
    Pocahontas war immer einer meiner Lieblings-Disneyfilme, vermutlich auch, weil er neben dem König der Löwen, dem Glöckner von Notre Damm und Hercules einer der ersten war, die ich gesehen habe. Tatsächlich hab ich Pocahontas erst diesen Sommer nach vielen Jahren wieder einmal gesehen. Während mich die ziemlich unoriginelle Liebesgeschichte im Vergleich zu damals nicht mehr vom Hocker reißen konnten, fand ich die Darstellungen der Kolonisierung Amerikas und des Indianerstammes dafür umso interessanter. Ehrlich gesagt finde ich auch die Tier-Sidekicks gelungen wie kaum irgendwo sonst; vor allem der Waschbär ist einer meiner Lieblings-Disneycharaktere überhaupt. 😀 Die Bilder sind ohnehin toll, obwohl Disney hier bei den Charakteren schon mit diesem kantigen Stil begann, den ich später überhaupt nicht mehr mag. Am meisten hat mich aber die Musik überrascht: Als Kind fand ich die Gesangseinlagen in Disney-Filmen immer ganz schrecklich. Jetzt hatten mir einige der Songs aber richtig gut gefallen (war aber auch das erste Mal, dass ich den Film im Originalton gesehen habe).

    Gefällt 1 Person

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