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Kritik: „Small Town Killers“

Small Town Killers (Draeberne fra Nibe, Ole Bornedal, DNK 2017)

Small Town Killers versprach, eine neue, schön böse bis schwarze Komödie aus Skandinavien zu werden. Stattdessen wird nur genervt.

Eigentlich können sie ja schwarze Komödien, diese Skandinavier. Einige Genreexemplare – Dänische Delikatessen und Adams Äpfel beispielsweise – galten schon bald nach ihrer Veröffentlichung als Kultfilme. Auch den unbekannteren – Einer nach dem anderen, um ein jüngeres Exemplar zu nennen – lassen sich Charme und filmische Qualitäten nicht absprechen. Das alles heißt jedoch nicht, dass es eine Garantie dafür gibt, dass alles, was sich schwarze Komödie nennt und aus Nordeuropa stammt, auch gut ist. Jüngstes Beispiel: Small Town Killers.

Schlechte Ideen entstehen im Suff
Zudem ist Small Town Killers ein weiteres Beispiel dafür, dass eine gute Idee noch lange keinen guten Film macht. Die vielversprechende Idee: Die Beziehungsprobleme zweier Paare aus dem kleinen Dorf Nibe nehmen unangenehme Ausmaße an. Die beiden Herren – ihrerseits im Bauwesen tätig, wobei sie viele Aufträge „unter der Hand“ verrichten (heißt: Schwarzarbeit) – sind sexuell frustriert, wollen sich scheiden lassen, was sie aber viel Geld kosten würde, und engagieren deshalb im Suff einen russischen Killer, der die Scheidung mit Blutvergießen statt mit Papierkram durchführen soll. Die Ehefrauen bekommen davon Wind und tun es ihren Männern gleich: Eine alte englische Lady soll den Auftrag erledigen.

Eine Prämisse, bei der jedem talentierten Comedy-Autoren wohl das Herz in der Hose aufgehen würde: Was für ein Gag-Potenzial schlummert unter dieser Oberfläche! Bedauernswert nur, dass das alles ungenutzt bleibt. Das fängt schon mit der Grundlage allen Humors in Small Town Killers an: Situative Komik ist eine Ausnahmeerscheinung. Und das, obwohl es zahllose Szenen gibt, aus denen herrlich absurde Pointen hätten abgeschöpft werden können: Besäufnis in der Dorfkneipe, intime Momente der Selbstreflexion mit einem volltrunkenen, russischen Killer, Leichenvergraben mit der Polizei im Nacken. Stattdessen aber ist der Humor beinahe gänzlich charaktergetrieben und speist sich damit vollständig aus den Persönlichkeitsstörungen sowie Neurosen der Protagonisten und Nebenfiguren – was zwar grundsätzlich nicht falsch, aber eben auch nicht gut umgesetzt ist.

Monotone Pointen
Die basalste Struktur eines Witzes besteht darin, eine Fallhöhe aufzubauen und mit ihr zu brechen. Auch Small Town Killers setzt auf diese Struktur, der Bruch allerdings besteht zumeist darin, dass sich die Figuren in Überreaktionen verlieren: Es wird geschrien, geschlagen oder weggerannt, meist panisch, stets verunsichert und planlos. Das ist nicht nur unelegant, sondern spätestens nach einer halben Stunde auch verdammt gleichförmig und berechenbar – und damit der Todesstoß für jeglichen Humor.

Die Figuren sind dabei nicht einfach nur „schräg“, sondern schlicht lächerlich. „Schaut euch diese ungeschickten, dummen Versager an – sind die nicht lustig?“ Nein, sind sie nicht. Und noch ein Problem: Anstatt den Szenen und Dialogen mit ein paar Pausen Zeit zum Atmen und Wirken zu geben, ist dauerhafte Beschallung angesagt. So geht Small Town Killers jegliche Trockenheit und Skurrilität vorhanden, die die Comedy-Klassiker aus Dänemark auszeichnen. Der Film ähnelt vielmehr unterdurchschnittlichen amerikanischen Genre-Pendants.

Geistlose Stereotypen-Parade
Was man dem Small Town Killers aber noch mehr ankreiden muss, ist der krampfhafte Versuch, möglichst viele zeitaktuelle Stereotypen einzubauen. Da kommen besoffene Russen, überkorrekte Engländer und aggressive Moslems neben falschen Transgendern, Homosexuellen, die die heterosexuelle Ordnung bedrohenden, und Möchtgern-Hippies vor – allesamt dürfen sie nur als platte Gag-Geber fungieren. Kaum eines dieser Klischees fügt sich organisch in die Handlung ein, frei nach dem Motto: „Und das müssen wir auch noch rein packen!“ Stattdessen verkommen sie zu einer kurzen, platten Randnotiz ohne die gesellschafts- und zeitkritische Ambition, die sie vorgaukeln. Keiner hinterlässt nachhaltigen Eindruck. Passt aber auch zum Rest des Films, schließlich hinterlässt hier nichts einen bleibenden Eindruck – außer vielleicht zwei hochnotpeinliche Szenen gegen Ende sowie die stellenweise amateurhafte Schnittarbeit.

Fazit
Nein, Small Town Killers ist wirklich kein guter Film, sondern eine verdammt dröge (aber immerhin kurze) Angelegenheit, die selbst beinharte Fans schwarzer, skandinavischer Komödien besser links liegen lassen sollten. Wer dem Publikum über 90 Minuten hinweg nur eine Handvoll Schmunzler aufs Gesicht zu zaubern vermag, dem kann man nur einen humoristischer Vollflop attestieren.
P.S.: Auch wenn der Hund so prominent auf dem Poster vertreten ist: Das Tier spielt keine Rolle.

Trailer & Bilder: (c) DCM

3 Kommentare zu „Kritik: „Small Town Killers“ Hinterlasse einen Kommentar

  1. Oho….den Film wollte ich eigentlich auch noch schauen weil ich immer für die bitterbösen Angriffe der Nordmänner auf die Lachmuskeln zu haben bin aber nach dieser Rezension gerät mein Enthusiasmus für einen Kinobesuch sehr ins Straucheln!
    Hmmmm….

    Gefällt 1 Person

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