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Kritik: „Logan Lucky“

Logan Lucky (Steven Soderbergh, USA 2017)

Unterhaltsam-witzige Räuberpistole von Ocean’s-Regisseur Steven Soderbergh, dessen Dramaturgie jedoch zu flach bleibt.

Steven Soderbergh ist der Allgemeinheit in erster Linie durch die Ocean’s-Trilogie bekannt: Mit viel Witz und Charme inszenierte der Regisseur damals den Casino-Raubzug einer elf Mann starken Truppe – klassisches Heist-Kino mit Fokus auf den schrulligen, wiedererkennbaren Figuren. Ocean’s 12 und 13 war der Segen eines guten Drehbuchs dann nicht mehr beschert und so endete die Reihe nach drei Filmen exakt zwei Filme zu spät. Soderbergh scheint seine Lust am Heist-Genre trotzdem nicht verloren zu haben und meldet sich nun mit Logan Lucky zurück, den man ohne Zögern als „Ocean’s 11 im Südstaaten-Milieu“ beschreiben kann.

Ja Logan!
Die Ausgangslage sollte deshalb niemanden überraschen: Die beiden Logan-Brüder Jimmy (Canning Tatum) und Clyde (Adam Driver) wollen das große Geld machen. Der erste verliert nämlich seinen Job als Bauarbeiter, der zweite fristet ein beschauliches Dasein als Barkeeper. Auch körperlich sind beide gezeichnet: Jimmy leidet an einer chronischen Knieverletzung, Clyde fehlt seit einem Militäreinsatz die linke Hand – landläufig ist schon längst vom „Logan-Fluch“ die Rede. Und beide sind sie ziemlich einfältige Gestalten: Jimmy liebt seine Tochter, Countrymusik und will einfach nur ein unbeschwertes Leben führen, Clyde scheint derweil kurz vor einer Depression zu stehen. Besonders helle sind sie zwar nicht, dennoch wollen sie den großen Coup landen und brauchen dafür die Hilfe des Panzerknackers Joe Bang (Daniel Craig), der schon länger im Gefängnis sitzt. Das Ziel: die Einnahmen eines Rennsport-Events, die in einem Hochsicherheitstresor gelagert werden.

Was angesichts der zu überwindenden Hindernisse und des beschränkten Verstandes der Protagonisten wie ein wahnwitziges Unternehmen mit einer 100-prozentigen Fehlschlaggarantie erscheint, ergibt im Endergebnis jedoch eine erstaunlich clevere Gauner-Komödie. Zeigt die erste Filmhälfte noch die Planung, ist die zweite gänzlich der Ausführung gewidmet. Dabei füttert Soderbergh den Zuschauer nur mit vereinzelten Informationshäppchen, die sich erst in der zweiten Stunde zum großen Gesamtbild zusammenfügen. Der grobe Plan ist klar, die konkrete Umsetzung überrascht dann allerdings mit einigen netten Wendungen. Im Gegensatz zu Oceans’s 11 läuft es bei Logan Lucky deshalb auch nicht auf den einen großen Twist hinaus.

Greifbare Figuren
Die größte Gemeinsamkeit mit seinem Vorgänger im Geiste besteht jedoch darin, dass die Figuren zugleich Herzstück und tragendes Element des Films sind. Soderbergh verzichtet auf die meisten typischen Hillbilly-Klischees, zeichnet seine Charaktere stattdessen überaus sympathisch. Sogar beim anfangs so aggressiv erscheinenden Joe Bang gelingt ihm das mühelos. Gewalt spielt (erneut) nahezu keine Rolle, die Familienverbundenheit sämtlicher Hauptfiguren sorgt für die (zwischen)menschliche Komponente.

Was diesen Faktor unterstützt: Dominierten in der Ocean’s-Reihe noch die hyper-intelligenten, stilbewussten Gentleman-Gangster, sind es in Logan Lucky einfach gestrickte, aber keineswegs böswillige White Trash Mobster: bodenständig, authentisch, sympathisch. Die Logan-Brüder sind deutlich greifbarer als der abgehobene Danny Ocean und dessen Kumpanen. Ihre Motivation entspringt nicht dem Drang, das eigene Ego zu pushen, sondern ihrer prekären Lebenslage.

Humor à la Coens
Nun könnte man bei diesen Worten befürchten, Logan Lucky streut noch eine verkrampfte polit- und systemkritische Note in seine Handlung ein – davon bleiben wir aber Gott sei Dank verschont. Dieser Film ist stattdessen pures Entertainment, das vor allem in der Interaktion der Figuren zustande kommt. Die Mischung aus Unberechenbarkeit, Impulsivität und dezenter Dämlichkeit, die alle Charaktere gemein haben, führt nämlich zu zahlreichen absurd-komischen Situationen. Wenn im Knast darüber gestritten wird, wann denn nun der nächste Band von Game of Thrones erscheint, wirkt das nur im ersten Moment unpassend – im zweiten ergibt es absolut Sinn.

Beinahe könnte man meinen, die Coen-Brüder wären am Drehbuch beteiligt gewesen, doch dazu fehlt Logan Lucky dann doch noch die schwarz-humorige Würze. Ein Gag-Dauerfeuerwerk sollte man ebenfalls nicht erwarten, was man dem Film aber wahrlich nicht ankreiden kann: Gut pointierter Humor ist besser als erzwungene Flachwitzketten.

Die Dramaturgie bleibt flach
Bei all dem Lob hat Logan Lucky jedoch ein nicht unwesentliches Problem: Er ist unspektakulär. Und das nicht mal ästhetisch. Da kann er, ganz im Gegenteil, mit einem atmosphärischen Country-Soundtrack, tollem Setdesign und einer farbenfrohen Gestaltung punkten. Stattdessen mangelt es der Dramaturgie an Höhepunkten, an echten „Wow“-Momenten und Ausschlägen im Spannungsverlauf. Der bleibt nämlich bis zum Schluss auf ein und demselben Niveau. Das liegt einerseits daran, dass der Räuberbande ein konkreter Gegenspieler fehlt, zum anderen daran, dass das Vorhaben niemals wirklich zu scheitern droht. So dümpelt – nein, das Wort ist zu gemein – tuckert Logan Lucky 120 Minuten vor sich hin, ist dabei zwar sehr unterhaltsam und hat keine Längen, will aber nicht wirklich mitreißen.

Fazit
Ja, Logan Lucky hat viele Qualitäten: Ein cleveres Drehbuch, ein flottes Erzähltempo, tolle Schauspieler, die ebenso tolle Leistungen erbringen, und eine angenehme Dosis zündender Situationskomik. Die flache Spannungskurve verwehrt Steven Soderberghs jüngstem Film aber den Sprung in die A-Klasse der Heist-Filme. Logan Lucky ist ein Film, dessen Besuch man nicht bereut, der sich aber eher für die Couch als fürs Kino eignet.

Bilder & Trailer: (c) Studiocanal

 

5 Kommentare zu „Kritik: „Logan Lucky“ Hinterlasse einen Kommentar

    • Danke fürs Lob!
      Bei Oceans Eight ziehen sie jetzt den Ghostbusters-Move ab: Ein Remake mit Einem ausschließlich weiblichen Cast. Könnte interessant werden – oder aber wieder völliger Mist

      Like

  1. Ich mochte auch diesen „Anti-Ocean’s“, besonders wegen Daniel Craig, der hier so richtig aufdrehen kann. Ich hatte aber auch den Eindruck, dass das Storytelling ein bißchen zu sehr vor sich hinplätschert. Soderbergh kann das eigentlich besser.

    Gefällt 1 Person

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