Kritik: „Justice League“

Justice League (Zack Snyder, USA 2017)
Großer Superhelden-Clash, der eigentlich zum Scheitern verurteilt war – erstaunlicherweise aber trotzdem unterhaltsam kurzweilig ist.
Da stehen sie also, die fünf, und gucken bös‘ in die Kamera. Sie können nicht anders, schließlich steht mal wieder das Schicksal der Welt auf der Kippe. Batman, Wonder Woman, Flash, Aquaman und Cyborg, heißen sie. Zwei sind wohlbekannt, zwei immerhin ein bisschen, einer überhaupt nicht. Zusammen bilden sie die Justice League, das Superhelden-Kollektiv von DC, der verlagsinterne Gegenentwurf zu den immer erfolgreicher werdenden Avengers. Nun also – fünf Jahre nach dem cineastischen Vorbild – der Versuch, das Franchise DC Extended Universe (DCEU) auf dasselbe Level zu heben. Und das, obwohl nur ein Drittel des Casts bisher einen eigenen Film spendiert bekommen hat. Ob das gut geht?
Erstaunlicherweise ja. Zumindest halbwegs. Aber irgendwie auch nicht… Nun ja, es ist kompliziert. Und eine – um das gleich mal voranzustellen – überaus subjektive Angelegenheit. Denn Justice League ist ein Film, den man auf dem Papier mühelos zerreißen kann. Dessen Drehbuch und Effekte man gnadenlos niederschreiben kann. Den man banal und öde nennen kann. Und der dennoch unterhaltsam ist – vor allem aufgrund des Zusammenspiels seiner Protagonisten.
Dass es eine knappe Stunde dauert, bis die fünf Helden endlich zueinander finden, überrascht erstmal nicht. Schließlich müssen der blitzschnelle Jung-Superheld Flash (Ezra Miller), der bullige Atlanter Aquaman (Jason Momoa) und der nach einem Unfall von seinem Vater zu einer Maschine umgearbeitete Cyborg (Ray Fisher) zunächst einmal vorgestellt werden. Das gelingt prinzipiell auch, zumindest wenn man keinen Wert auf charakterliche Tiefe legt. Allerdings: Die braucht es gar nicht. Wichtig ist nur die Funktion für den Plot. Und die ist zumindest bei letzterem deutlich erkennbar. Die anderen beiden? Nun, die sind zumindest da und können ihren Beitrag in den Actionsequenzen und Dialogen leisten.
Anders ist das bei Batman (Ben Affleck) und Wonder Woman (Gal Gadot), um die sich der Plot zunächst dreht: Hier bemüht sich Justice League, jene Aspekte auszubauen, die bereits in Batman v Superman und Wonder Woman im Fokus standen. Die alternde Fledermaus muss ihre moralischen Grundsätze aufgeben (oder zumindest aufweichen), um innerhalb der übermenschlichen und -mächtigen Truppe relevant zu bleiben. Die Amazone wiederum muss endlich den Schritt aus der Anonymität wagen, um zur Ikone heranzuwachsen.
Das ist dann auch das große Leitmotiv von Justice League: Den Kampf um Gerechtigkeit wieder in die Öffentlichkeit zu tragen. Für Werte einzustehen. Vorbild zu sein. Menschen zu inspirieren und ihnen Hoffnung zu geben. Den Grundstein dafür legt bereits die erste Einstellung.
Der eigentliche Plot gerät da fast zu Nebensache, was bei all seiner Banalität und der generischen Prämisse kein Wunder ist. Da versucht irgendein außerirdischer Halbgott (?) namens Steppenwolf (??) mithilfe von drei mystischen Mutterboxen (???), die auf der Erde versteckt sind, selbige in Brand zu stecken. Wieder mal ein Weltenfresser, wieder mal ein apokalyptisches Szenario, das einfach keine Spannung aufkommen lassen will, und wieder mal ein Antagonist, der dermaßen eindimensional ist, dass man ihn wenig später schon wieder vergessen hat. Seine einzige Funktion: Die Superheldentruppe zur Zusammenkunft zu nötigen.
Die Action: Solide bis gut. Immerhin hält sich Justice League nicht unnötig lang mit bedeutungsschwangeren Dialogen und Charakterszenen auf, sondern liefert ordentlich Schauwerte. Was bei einem Zack Snyder – immerhin einer der visuell versiertesten Regisseure Hollywoods – zu erwarten war. Die Kloppereien sind abwechslungsreich, kurzweilig und unterhaltsam – und das genügt bereits, um ihnen ein „gut“ zu attestieren. Weniger gut gelungen sind da die digitalen Effekte. Von denen stecken in Justice League naturgemäß eine Menge. Ein richtig große Menge. Und nur selten sind sie nicht als solche zu erkennen, fallen stellenweise sogar derart negativ ins Auge, dass es schmerzt. Sonnenuntergang im Maisfeld? Endzeitstimmung in Sibirien? Dank einer fürchterlich artifiziellen Licht- und Farbstimmung werden diese Szenen zu ästhetischen Leberhaken – sehr harten Leberhaken.
Viele Köche verderben den Brei, heißt es bekanntlich. Dennoch wäre Justice League vermutlich ein wesentlich schlechterer Film geworden, hätte Snyder seinen Regieposten aus persönlichen Gründen nicht wenige Monate vor Fertigstellung an Joss Whedon abgegeben. Welch Ironie: Ausgerechnet der Mann hinter den ersten beiden Avengers-Filmen, ein Mann, der weniger von Optik, dafür umso mehr von Figuren und ihrem Zusammenspiel versteht, soll den Film eines Regisseurs fertig stellen, dessen filmisches Schaffen das genaue Gegenteil verkörpert.
Doch siehe da: Das Rezept geht auf. Ist die Truppe erst mal vereint, versprühen diese so unterschiedlichen Protagonisten eine angenehme Team-Chemie. Da gibt’s den jugendlichen, unbedarften Comic-Relief (Flash), den grummeligen Einzelgänger, der in einer Szene auftaut und damit für die beste des Films sorgt (Aquaman), den begabten Verschlossenen, der seine Vergangenheit bewältigen muss (Cyborg), die liebevolle Mama (Wonder Woman) und den bösen Papa (Batman). Auch wenn die tonalen Wechsel von ernst zu witzig und zurück teilweise derart unvermittelt geschehen, dass man jede Szene eindeutig einem der beiden Regisseuren zuordnen kann. Stringenz vermisst man auch dort, wo der Übergang zur nächsten Szene ziemlich sprunghaft daherkommt – offenkundig herausgeschnittene Einstellungen, die wir wohl erst in der Extended Version zu sehen bekommen werden.
Fazit
Wie gesagt: Justice League ist ein Film, den man – zurecht – zerreißen kann. Für seine fehlende Stringenz, für sein lasches, uninspiriertes Drehbuch, für seinen seltsam artifiziellen Look, für seine fehlende Charaktertiefe. Und dennoch kann dieser Streifen über seine knackige Laufzeit von gerade einmal 120 Minuten einiges an Spaß und Unterhaltung bereiten. Eine Sache nämlich haben die DC-Filme – auch wenn sie qualitativ noch niemals Bäume ausgerissen haben – der intertextuell-humoristischen bis albern-lächerlichen Marvel-Konkurrenz voraus: Sie nehmen sich selbst ernst. Und das ist – so traurig es klingt – dieser Tage die erfrischende Ausnahme von der Regel.
Bilder & Trailer: (c) Warner
Ich war auch positiv überrascht. Allerdings: jeder Superheldenfilm steht und fällt mit dem Bösewicht. Steppenwolf wurde leider ziemlich eindimensional. Das ist wahrscheinlich auch mit ein Grund warum die Mitglieder der Justice League vergleichsweise gut wegkommen.
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In der Hinsicht hat sich kein Superheldenfilm seit The Dark Knight mit Ruhm bekleckert…
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Jetzt bekomme ich auch Lust auf den Film.
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