Kritik: „Star Wars Episode 8: Die letzten Jedi“

Star Wars Episode 8: Die letzten Jedi (Star War Episode 8: The Last Jedi, Rian Johnson, USA 2017)
Leider nicht wirklich gut. [No Spoilers]
Man mag sich gar nicht vorstellen, unter welchem Druck J.J. Abrams vor zwei Jahren gestanden haben muss, als die siebte Episode von Star Wars unter seiner Regie zum Leben erwachte. Sein gleichsam gescholtenes wie auch positiv aufgenommenes Sequel hatte so seine Schwächen, aber auch ein paar unverkennbare Stärken: Das Erwachen der Macht bot ein wenig zu viel Fanservice und machte eher den Eindruck eines Reboots statt einer Fortsetzung, erweiterte das Franchise aber um eine Handvoll sympathischer, interessanter Charaktere und Ideen. In diesem Jahr nun musste sich Rian Johnson der Mammutaufgabe stellen, das Potential aus Abrams Fundament zu schöpfen. Gelungen ist ihm das nicht.
Um eines voranzustellen: Die letzten Jedi hat mich äußerst zwiegespalten zurückgelassen. Nun bin ich wahrlich kein Star-Wars-Fanatiker und kann deshalb problemlos über kleinere Ungereimtheiten hinwegsehen, verbinde jedoch viel Positives (sprich: meine Jugend) mit der Reihe und knabbere deshalb seit dem Moment, an dem die Credits durchs Bild rollten, an folgendem Dilemma: Ich weiß nicht, ob ich von Episode 8 enttäuscht oder zufriedengestellt wurde. Ich bin quasi hin- und hergerissen zwischen der hellen und der dunklen Seite – etwas, das ich mit den Hauptfiguren von Die letzten Jedi gemeinsam habe.
Falls es wirklich noch nötig sein sollte, noch etwas zum Inhalt zu erzählen, hier ein kurzer Abriss: Episode 8 setzt nur wenige Minuten bis Stunden nach dem Ende von Episode 7 an. Nach der Zerstörung der Starkiller-Basis verlassen die Widerständler samt General Leia Organa (Carrie Fisher), Pilot Poe Dameron (Oscaar Isaac) und dem im Koma liegenden Finn (John Boyega) ihre Basis, weil diese von der Ersten Ordnung angegriffen wird. Die Bösen bleiben hartnäckig und verfolgen die Rebellenflotte dank eines neuen Ortungsgerätes selbst durch den Hyperraum. Am anderen Ende der Galaxis muss sich derweil Rey (Daisy Ridley) viel Mühe geben, den Eremiten Luke Skywalker (Mark Hamill) zur Unterstützung des Widerstand zu überreden – und ihm die Geheimnisse der Macht zu entlocken.
Was lässt sich nun also über Die letzten Jedi sagen? Zunächst einmal: Es ist ein – selbstverständlich – extrem hochwertig produzierter Film mit einer tollen Darstellerriege, fantastischer Optik und vielen magischen Gänsehautmomenten. Dann aber auch, dass er mit einigen massiven Drehbuchproblemen zu kämpfen hat, dass er streckenweise langatmig daherkommt – dass er vor allem anderen aber unfassbar viel Potential verstreichen lässt.
Dabei sind es sowohl die großen als auch die kleinen Unstimmigkeiten, die mir sauer aufstoßen. Eine der schwerwiegendsten: Finn, der in Episode 7 noch einer der zentralen Charaktere war, wird in Die letzten Jedi zur irrelevanten Nebenrolle degradiert, was er schlicht nicht verdient hat. Scheinbar wusste Rian Johnson – zugleich Regisseur und Drehbuchautor – nicht wirklich, was er mit dem desertierten Sturmtruppler anfangen soll und schiebt ihn deshalb im zweiten Akt in einen Subplot ab, der ihn auf eine Art Monacco-Planeten führt, samt Casinos und Pferderennen. Auch wenn Johnson hierbei die Gelegenheit nutzt, eine gesellschaftskritische Note in seine Geschichte einzustreuen, so hat dieser Handlungsstrang trotz seiner nicht unerheblichen Dauer ein großes Manko: Er hat keinerlei Konsequenzen für den Haupt-Plot.
Und auch der hat so seine Problemchen. Eines davon ist ein bedeutsamer, aber seltsam inszenierter Moment, der mit Leia zu tun hat und vermutlich zum spöttischen Meme werden wird. Ein weiteres tut sich im späteren Verlauf der Handlung auf und ist eine Folge des retardierenden Spannungsaufbaus, der jedoch für zeitliche Inkonsistenz sorgt und damit ein auffallend großes Loch in die Logik des Geschehens reißt. Währenddessen ist der zweite Haupt-Plot – Reys Ausbildung bei Luke Skywalker – ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wissen sowohl Ridley als auch Hamill – der große Rückkehrer – schauspielerisch und charakterlich zu überzeugen. Andererseits nagt dieser Handlungsstrang arg an der Geduld des Zuschauers, die Qualität der Dialoge schwankt zwischen mitreißend und einschläfernd, zwischen interessant-mythisch und langweilig-erklärbärhaft.
Die Neuzugänge im Cast machen prinzipiell ebenfalls einen guten Job, es mangelt ihnen jedoch an Tiefe, Relevanz und Charakterentwicklung. Im krassen Gegensatz dazu steht all das, was mit Kylo Ren (Adam Driver) passiert. Dessen Part bildet die erste große, unzweifelhafte Stärke von Die letzten Jedi. Im Zusammenspiel mit Rey wird die innere Zerrissenheit, die ihn bereits in Episode 7 quälte, zum thematischen Kern des Films erhoben. Driver brilliert dabei in jeder einzelnen Szene, in der er in Erscheinung tritt. Vor allem aber zeichnet sich hier eine interessant inhaltliche Entwicklung innerhalb des Star-Wars-Universums ab: Die Grenze zwischen Gut und Böse, zwischen heller und dunkler Seite, scheint allmählich zu verschwimmen und einem neuen, ambivalenten Moralverständnis zu weichen.
Die zweite Stärke: die Action. Johnson weiß diese großartig zu inszenieren: Die Übersicht ist stets gewährleistet, die Dynamik ist hoch, die Effekte sind erstklassig. Die Gefechte sind geprägt von enormer Abwechselung, sowohl hinsichtlich der zum Einsatz kommenden Waffen und Raumschiffe als auch der Schauplätze. Besonders das große Finale, das eine visuelle und inszenatorische Verbeugung vor der Schlacht um Hoth aus Episode 5 ist und dennoch genug frische Ansätze zu bieten hat, ist pure Magie. Ohnehin blüht der Film in seiner zweiten Hälfte wahrlich auf – auch wenn die ikonischen Lichtschwerter in Episode 8 leider viel zu selten zum Einsatz kommen. Doch wenn, dann ist das Ergebnis schlicht großartig.
Es gäbe noch so viel zu sagen über Die letzten Jedi. Über den Fanservice, der sicherlich vielen sauer aufstoßen wird, über den ich aber Gott sei Dank hinweg sehen kann. Über all die visuellen und verbalen Zitate, in denen sich Johnson ergeht und die wahlweise als Verbeugung oder als billige Pastiche interpretiert werden können. Über die stets guten und gelegentlich auch großartigen Bilder, die er mit Farbe und Licht erschafft. Über den Humor, der zwar niemals überhand nimmt, viel zu oft aber deplatziert wirkt. Über all die verpassten und verpatzten emotionalen Schlüsselmomente, die Johnson einfach verpuffen lässt. Über all die heiße Luft und Konsequenzlosigkeit, mit denen dieser etwas überladene Film zu kämpfen hat. Vorerst aber will ich es bei diesem ohnehin schon viel zu langen Text belassen.
Fazit
Die letzten Jedi macht es mir wahrlich nicht leicht, eine abschließende Meinung zu finden. Einige Schwachpunkte wie die neuen Figuren und die ein oder andere Logiklücke verzeihe ich ihm gern. Andere wie den überflüssige Sub-Plot um Finn oder die verpassten Chancen, diese Handlung zu einer wirklich, wirklich mitreißenden und einprägsamen zu machen, nicht. Und da sind dann noch die Glanzlichter, namentlich Mark Hamill und Adam Driver, die jede ihrer Szenen zu einem Höhepunkt des Films machen. Doch ich will ehrlich sein: Die erste Sichtung von Episode 8 hat mich dermaßen mit Eindrücken und Bildern erschlagen, mich derart in Stimmungsschwankungen versetzt, dass es einfach zu früh für einen Schlussstrich ist. Dazu braucht es erst eine zweite, vielleicht sogar eine dritte Sichtung. Bis dahin vergebe ich wohlmeinende vier von sechs Sternen – Episode 8 ist besser als Rogue One, aber schlechter als Episode 7.
Bilder & Trailer: (c) Disney
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