Filme gesehen #178

Diese Woche mit Die Jagd, Hail Caesar! und Psycho.
Die Jagd (Jagten, Thomas Vinterbergs, DNK 2012)
In einem kleinen dänischen Dorf geschieht etwas Unfassbares: Ein Kindergärtner (Mads Mikkelsen) missbraucht eine 4-Jährige. Zumindest ist es das, was die Leute glauben, nachdem jenes Mädchen etwas dummes, aus Unwissenheit und Frust geborenes über ihren Schutzbefohlenen – zugleich der beste Freund ihres Vaters – erzählt. Was als vage Vermutung beginnt, entwickelt sich bei den Anwohnern innerhalb kürzester Zeit zur Tatsache: Plötzlich gilt es als Gewissheit, dass mehrere Kinder Opfer des vermeintlichen Triebtäters geworden sind. Dessen Leben füllt sich parallel dazu mit Paranoia und Furcht, alte Freunde wenden sich ab, Steine werden durchs Küchenfenster geworfen. Erschreckend, wie irrational die Leute auf einmal reagieren, wenn ein derartiges Gerücht im Raum steht, wie sozialer Druck die Menschen dazu zwingt, die öffentlich vorherrschende Meinung anzunehmen. Die Jagd ist ein intensives Psycho-Drama, das Porträt einer Tragödie, in der der Held angesichts seines Umfeldes zur Ohnmacht und Machtlosigkeit verdammt ist. Eines, das den Zuschauer immer wieder überrascht, fassungslos zurücklässt und stets die richtigen, meist subtilen Töne trifft. Und eines, das dazu ermahnt, keine vorschnellen Urteile zu fällen. Denn dafür ist in einer modernen Gesellschaft noch immer die Justiz zuständig.
imdb / Trailer
Hail, Caesar! (Joel & Ethan Coen, USA/UK 2016)
Es gibt wahrlich nicht viele Fehlschläge innerhalb der Filmografie der Coen-Brüder – Hail, Caesar! aber ist leider einer davon. Die Hommage an die goldenen Zeiten Hollywoods trägt zwar die meisten typischen Coen-Merkmale – skurrile Charaktere, zerstückelte Handlung, schwarzer Humor, der eine bissige Real-Satire ergibt – und doch will sich hier nicht die übliche Qualität einstellen. Vielmehr entpuppt sich die Star-Parade (Josh Brolin, George Clooney, Channing Tatum, Ralph Fiennes, Scarlett Johannson und mehr) ziemlich schnell als Luftnummer, denn viele dieser Hochkaräter treten nur in zwei bis drei Szenen auf, ihre Handlungsstränge haben zum Teil wenig bis nichts zur Haupthandlung beizutragen, sind stattdessen Lückenfüller für einen Film, der keinen wirklichen roten Faden hat. Einzig Josh Brolin bringt als Problemlöser und Mädchen für alles noch eine gewisse Kontinuität in diese wirre, zerrissene Handlung, die sich um Kommunisten, einen Entführungsfall, ungewollte Schwangerschaften und allerhand moralische Verwerflichkeiten dreht. Immerhin optisch macht Hail, Caesar! niemand etwas vor: Die Kulissen und die Atmosphäre der damaligen Zeit treffen die Brüder perfekt. Dass sie aber gerade inhaltlich so wenig zu bieten haben, ist schlicht enttäuschend.
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Psycho (Alfred Hitchcock, USA 1960)
Ihr seid hiermit Zeuge der größte Sünde meines bisherigen Filmkonsums: Dies ist das erste Mal, dass ich Alfred Hitchcocks Psycho – quasi der Film aller Filme – gesehen habe. Und jap, ich bin ziemlich begeistert. Klar, mit den spannungsgeladenen Thrillern, die heutzutage das Licht der Leinwand erblicken, kann dieser Streifen noch schwerlich mithalten. Trotzdem: Der Meister des Suspense beweist hiermit, dass er sich seinen Titel redlich verdient hat. Dass er uns in der Filmmitte unserer vermeintlichen Protagonistin beraubt, dass der finale Twist konstant angedeutet, uns am Schluss aber dennoch überrascht, dass der Schluss eine derartige Pointe setzt, ist schlicht großartiges Kino. Die Darsteller sind sowieso ganz große Klasse, vor allem aber ist es das ästhetische Gesamtprodukt aus Bernard Herrmanns eingängiger Musik (die kreischenden Geigen kennt wohl jeder) und der grandiosen Kameraarbeit (Spannung durch sukzessiv stärker werdende Close-Ups), die Psycho zu einem richtig, richtig guten Film macht, der uns bis zum Ende packt und an der Nase herum führt.
imdb / Trailer
Der Coen-Film ist wirklich übel – gemessen an deren Talent. Selbst Filmbuffs, die sich für das Studiosystem interessieren, werden enttäuscht – weil der Film eine ziemlich humorfreie Fingerübung ist, die außer Schauwerten nur so gar nichts bietet.
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Jap, musste auch nur zwei, drei mal lachen. Beste Stelle war die Diskussion zwischen den Geistlichen, an deren Ende dann „Ich habe keine Meinung dazu“ kommt
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Mir hat die Ralph Fiennes-Stelle am besten gefallen – aber die gab es fast zur Gänze schon im Trailer, der eh besser als der komplette Film war.
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Psycho ist natürlich genial, da möchte ich nichts anschließen.
Die Jagd ist ein extrem guter Film. Ein exzellenten Drama mit einem großartigen Mads Mikkelsen.
Hail, Caesar ist gar nicht so schlecht, der Film ist als Nummernrevue angelegt und einige Gags fand ich auch bei der inzwischen dritten Sichtung zum Schreien komisch.
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Vielleicht hab ich die humoristischen Zwischentöne nicht verstanden, aber komödiantisch hat der so gar nichts in mir bewirkt…
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Das Gespräch mit den Religionsvertretern fand ich hinreißend. Dann den Eldenreich als Westernstar – Achtung Wortwitz – zum schießen komisch. Dann die U-Boot Szene oder die Szene mit Jonah Hill und Johannson.
Humoristisch fand ich ihn stark, stärker als die meisten Coenfilme.
Dafür weniger Wendungen und zu episodenhaft erzählt.
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Von Hail Cesar hatte ich mir auch deutlich mehr erwartet. DEUTLICH mehr. Psycho wurde aber auch mal Zeit. 😉
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