Filme gesehen #184

Diese Woche mit Coco, Jason Bourne und Wir sind jung. Wir sind stark.
Coco – Lebendiger als das Leben! (Coco, Lee Unkrich/Adrian Molina, USA 2017)
Das jüngste Werk der Animationsschmiede Pixar wildert wieder in etwas reiferen Gewässern: Keine quietschbunten, anthropomorphen Emotionen, keine sprechenden Dinosaurier. Stattdessen geht es um den Tod. Oder vielmehr: Das Andenken an die Toten. Welches Szenario könnte sich da besser eignen als das in Mexiko begangene Fest der Toten? Dort muss sich der junge Miguel damit rumschlagen, dass ihm seine Familie aufgrund längst vergangener Ereignisse die Leidenschaft für Musik austreiben will. Diese ziemlich zurechtgebogene Prämisse resultiert darin, dass sich der Junge irgendwann in der Welt der Toten wiederfindet und seinen Ur-Ur-Großvater finden muss. Dabei hat Coco einige wirklich starke Momente zu bieten, seien es emotionale, musikalische oder komödiantische. Der Zauber der ganz großen Pixarfilme wird hier aber nicht erreicht, was an vielen kleinen und großen Problemen liegt: ein banaler Sidekick, eine vorhersehbare Dramaturgie, Ideenarmut bei der Gestaltung der Welt. Deshalb reicht es bei Coco nur für ein „Gut“.
imdb / Trailer
Jason Bourne (Paul Greengrass, USA 2016)
Hat es diesen Film wirklich gebraucht? War die (ohnehin nicht sehr tiefsinnige) Figur Jason Bourne nach drei Filmen nicht längst auserzählt? „Niemals!“, dachten sich da die Drehbuchautoren und entwickelten eine Story rund um Bournes Vater, die ein ganz anderes Licht auf die alte Trilogie werfen soll. Diese Geschichte ist spürbar inspiriert vom neuen Misstrauen gegenüber den Geheimdiensten in der Post-Snowden-Ära und rückt deshalb auch das Thema „Totale Überwachung dank sozialer Netzwerke“ in den Mittelpunkt. Irgendwo dazwischen tummelt sich Matt Damon, der sich ordentlich aufgepumpt hat, durch die halbe Welt reist und unvermittelt dort auftaucht, wo er gerade gebraucht wird. Jason Bourne ist turbulent, gönnt dem Zuschauer keine Pause – aber leider auch nix Neues. Immer noch bewegt sich Bourne wie ein Geist durch die Menge, liefert sich Prügeleien und Verfolgungsjagden, allesamt untermalt durch den stets gleichen Klangteppich aus Streichern und Percussions. Dazu ein Schnittgewitter, das seinesgleichen sucht – und einfach viel zu viele Achsensprünge, die die Orientierung unnötig erschweren. Paul Greengrass setzt hier bewusst auf den Stil, den er auch schon im ersten Bourne etablierte – nur dass dieser hektische Stil längst überholt ist. Um also auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Nein, niemand hat diesen Film gebraucht.
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Wir sind jung. Wir sind stark. (Burhan Qurbani, DEu 2014)
Okay, okay, so langsam muss ich meine Vorurteile gegenüber dem deutschen Film wohl aufgeben. Zumindest, wenn es nicht um das Schweighöfer/Schweiger/M’Barek-Mainstream-Kino geht. Und der Film beispielsweise im eindrücklichen Schwarz-Weiß daher kommt. So wie zuletzt Der Hauptmann. Oder eben Wir sind jung. Wir sind stark. Der beleuchtet die fremdenfeindlichen Ausschreitungen 1992 in Rostock-Lichtenhagen und stellt dabei einen Lokalpolitiker sowie dessen Sohn, der mit einer Neonazi-Gruppe sympathisiert, in den Mittelpunkt. Zunächst einmal wäre da dieses wirklich starke Drehbuch zu loben, dass Rassismus als systemisches Problem und mit vergleichsweise vielen ambivalenten Untertönen betrachtet. Da gibt es nur eine relevante Figur, die das Klischee des dumpfen Neonazis erfüllt. Stattdessen schaukeln sich die frustrierten Biertrinker und Stammtischbesetzer in ihrer Einfältigkeit gegenseitig hoch, die Jugend folgt in ihrer Unsicherheit und Vernachlässigung lieber klaren (wenn auch verabscheuungswürdigen) Vorbildern als niemandem. Die politische Dimension spielt für sie kaum eine Rolle – Hauptsache Action und Zusammenhalt. Die Politik gibt derweil den Duckmäuser und will die Krise lieber aussitzen, anstatt sich zu engagieren. Könnte sich ja negativ aufs Wahlergebnis auswirken… Und dann wäre da noch diese Optik. Vielmehr noch als das Schwarz-Weiß beeindrucken die unkonventionellen Kamerawinkel und -schwenks, teils in überdurchschnittlich langen Einstellungen. Absolut sehenswert – vor allem in Anbetracht der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen.
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