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Filme gesehen #191

Diese Woche mit Unterwerfung, Suspiria und Godless.

Unterwerfung (Titus Selge, DEU 2018)
Keine Ankündigung des ARD-Fernsehfilms Unterwerfung verging, ohne darauf hinzuweisen, dass das Buch, das hier als Vorlage diente, umstritten sei. Ob man darin nun einen Euphemismus für „rassistisch“ sieht oder einfach nur eine billige PR-Floskel, sei mal dahin gestellt. Die Vorlage ist mir zwar nicht bekannt, im Hinblick auf die Verfilmung kann jedoch konstatiert werden, dass das Attribut „umstritten“ hier nicht angebracht ist – zumindest nicht aufgrund der politischen Aspekte. Zum Inhalt: Im Frankreich des Jahres 2022 stehen bei der Präsidentschaftswahl nur der rechtsnationale Front National und eine islamische Partei auf der Liste. Die Wahl geht zugunsten der zweiten Partei aus. Unterwerfung gaukelt nun vor, die Folgen dieses Ereignisses darzulegen, wobei sich seine größte Stärke zugleich als größtes Hindernis herausstellt: Sein ganz und gar apolitischer Protagonist, ein Uni-Professort verkörpert durch Edgar Selge. Das verhindert eine politische Voreingenommenheit, aber eben auch klare Erkenntnisse (abseits von hohlen, pseudo-philosophischen Floskeln) zu diesem fiktiven Szenario. Stattdessen interessiert sich der Kerl nur für sein Sexualleben, beschreibt das in allen Details (das ist dann auch das einzig „streitbare“ an diesem Film) und zieht aus dem neuen politischen System nur eine Konsequenz: Die Freude darüber, jetzt endlich mehrere Frauen haben zu können. Unterwerfung ist grandios gespielt und bietet mit seinem permanenten Wechsel zwischen Theateraufnahmen als Haupterzählung und Spielfilm als zweite Ebene eine interessante Aufmachung. Inhaltlich eignet sich das Ding aber nicht mal als Grundlage für eine Talkshow, da der Fokus aufs Persönliche das Politische vollkommen überlagert.
imdb / ARD Mediathek

Suspiria – In den Krallen des Bösen (Suspiria, Dario Argento, ITA 1977)
Seitdem der Trailer für das Remake erschienen ist, ist dieser italienische Horrorklassiker von Giallo-Papst Dario Argento wieder in aller Munde. Eine amerikanische Studentin verschlägt es hier in eine High-Class-Ballettschule in Freiburg, Germany, wo nach und nach immer mehr Menschen grausamen Morden zum Opfer fallen. Leider aber konnte mich weder die Handlung noch die Aufmachung begeistern. Erstere ist ziemlich unspektakulär und hangelt sich an vielen Klischees entlang, zweitere bietet aber zumindest einige interessante Ansatzpunkte. Grelle Farben (rot, gelb, grün) dominieren das Geschehen und verpassen dem Film einen extrem artifiziellen, verstörenden Look. Und der Soundtrack der Progressive-Rock-Band Goblin ist, sagen wir mal, unkonventionell und trägt noch am stärksten zur schauerhaften Atmosphäre dieses Films bei. So wirklich will sich mir aber nicht erschließen, woraus dieser Film seinen Ruf als Klassiker speist – der genau so alte Carrie von Brian De Palma ist da deutlich besser gealtert.
imdb / Trailer

Godless (Scott Frank, USA 2017)
Netflix-Miniserie im Western-Setting, die dadurch von sich reden gemacht hat, dass es um eine Stadt geht, die fast ausschließlich von Frauen bevölkert ist. Wer nun aber dachte, Frauen würden deshalb in der Handlung den Ton angeben, der irrt: Noch immer bilden die Männer den dominierende Part – trotz einiger starker Frauenfiguren. Nichtsdestotrotz vollbringt Godless eine atmosphärische Meisterleistung: Kulissen, Darsteller, Musik und Bildästhetik – hier trieft ein ebenso klassischer wie moderner Western-Geist aus jeder Pore. Der wirklich Star dieser ganzen Angelegenheit ist jedoch Jeff Daniels als wahnsinniger, einarmiger Priester Schrägstrich Anführer von Gesetzlosen, der derart viel Charisma versprüht, dass man sich ihm ohne zu zögern anschließen würde. Und wie jeder gute Western ist Godless gnadenlos: Gnadenlos zu seinen Figuren, gnadenlos gut in seiner Inszenierung. Zahlreiche Rückblenden geben den Charakteren Futter, vieles muss sich der Zuschauer dennoch selbst erschließen. Da gibt zwar auch die ein oder andere Länge, doch die Vielschichtigkeit der Themen und die damit verbundene Abwechslung machen das wieder wett. Pflichtprogramm für Western-Fans.
imdb / Trailer

10 Kommentare zu „Filme gesehen #191 Hinterlasse einen Kommentar

  1. Hab mir diesen Unterwerfungsfilm nicht angesehen, weil ich von einem Film mach einem Hellebecq oder wie auch immer der Typ auch heißt genau das erwartet habe…Populistisch, Seltsam, Triebfixiert…
    Ich finde es wäre ne Idee, wenn wir Leser unsere gesehen Filme kurz anreißen, bei mir waren das letzte Woche…
    Jackie – Die First Lady 3,5 Sterne
    Ein perfekter Mord 3,5 Sterne
    Pitch Perfect 3 1,5 Sterne
    Was passiert, wenn’s passiert ist 3,5 Sterne…

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    • Der Autor sagte mir vorher gar nix. Würde nicht von populistisch reden – dafür fehlt ihm die Schärfe – sondern einfach nur von platt. Bei den anderen Attributen stimme ich dir zu.
      Gute Idee! Wertest du nach Fünfer- oder nach Sechser-System? Dann fände ich 3,5 für Jackie recht mager. „Ein perfekter Mord“ sagt mir nix…

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      • Normalerweise werte ich im Zehner System, hier hab ich jetzt dein System genommen 3,5/6 entspricht etwa 6-7/10.
        Jackie hat mich irgendwie nicht so gepackt, Ein perfekter Mord ist ein Remake von Bei Anruf Mord mit Michael Douglas und Gwyneth Paltrow…

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  2. Argento stützt sich rein auf seine Optik und den Goblin Sound und die Atmosphäre, die daraus entsteht. Wenn das für Dich nicht funktioniert, ist da nicht viel mehr zu holen (wobei Deine Sternewertung höher ist, als ich nach dem Text erwartet hätte). Denn die Story die er erzählt ist meist mit hahnebüchen noch lobend umschrieben. Ich mag Suspiria und mit Abstrichen Profondo Rosso, aber sonst ehrlich gesagt nicht viel von ihm. Das waren auch die ersten, die ich gesehen habe. Hat man es einmal verstanden, hat man es halt verstanden.

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  3. „Godless“ will ich auch noch sehen.

    „Suspiria“ fand ich großartig. Klar, die Story ist eigentlich ein Nichts, aber der Rest stimmt für mich einfach. Nach diesem Film hatte ich tatsächlich einen Alptraum… die Atmosphäre und die Musik und das alles hat mich schon echt gut in ihren Bann gezogen.

    Bin mal gespannt, wie das Remake dazu wird. Der erste Trailer sah ja gar nicht mal schlecht aus

    Gefällt 1 Person

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