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Filme gesehen #194

Diese Woche mit Das Märchen der Märchen, Cloverfield und Three Billboards outside Ebbing, Missouri.

Das Märchen der Märchen (Il racconto dei racconti, Matteo Garrone, ITA/FRA/GBR 2015)
Auch wenn der Titel etwas anderes vermuten lässt: Das Märchen der Märchen ist alles andere als ein kindgerechter Film. Drei vereinzelte Geschichten, die nur in zwei Momenten lose miteinander in Kontakt kommen, werden hier zu einem monumentalen Zweistünder zusammengezimmert. Da geht es um eine Königin (Salma Hayek), die nur mithilfe von Magie ein Kind bekommen kann; zwei alte Schwestern, von denen eine zum Ziel eines wollüstigen Königs (Vincent Cassel) wird und die sich dadurch zerstreiten; und einen König (Toby Jones), der seine Tochter an einen Oger verschachert. Gewalt, Sex und Intrigen dominieren das Geschehen und zeichnen das Bild einer Märchenwelt, die fernab gängiger Vorstellungen die gesamte Palette menschlicher Abartigkeiten offenlegt. Güte und Hilfsbereitschaft werden hier gnadenlos bestraft, Zuneigung und Liebe enden in Trauer, kurzum: Das Gute im Menschen hat hier keinen Platz. Das Ganze ist auch noch wirklich toll ausgestattet: Set-, Kostüm- und Figurendesign bringen die Surrealität und Verträumtheit dieser Geschichten stilecht auf die Leinwand. Erzählerisch hingegen weist Das Märchen der Märchen mehr als nur eine Schwäche auf. So erschließt sich nicht, warum die drei Geschichte parallel geschnitten und nicht hintereinander erzählt werden, zumal sie keinerlei Verbindung (nicht einmal thematisch) zueinander haben. Vor allem aber fehlt ihnen allen ein knalliger Abschluss, eine finale Pointe, die die vorherigen Wendungen zu einem bedeutsamen Schlusspunkt führt.
imdb / Trailer

Cloverfield (Matt Reeves, USA 2008)
Es ist schon einige Jahre her, seit ich diesen Found-Footage-Monsterfilm zuletzt gesehen habe. Tatsächlich hat sich das Ding erstaunlich gut gehalten: Die Spezialeffekte sind noch immer ansehnlich – wohl hauptsächlich wegen der miesen Bildqualität, die eine zwingende Folge des FF-Stil ist. Die Figuren sind einem noch immer reichlich egal, genügen jedoch, um als roter Faden durch die 80-minütige Handlung zu tragen. Und die Spannungskurve macht einen angenehmen Anstieg mit, bis sie sich leider in einem recht nichtssagenden Ende entlädt. Ja, man kann noch immer ob der Tatsache schimpfen, dass der Kerl, aus dessen Perspektive Cloverfield letztlich erzählt ist, sich trotz aller äußeren Umstände krampfhaft an die Kamera klammert. Man kann auch die Banalität dieser Geschichte bemängeln, die letztlich nur durch den Found-Footage-Stil irgendwie interessant wird. Man den Film aber auch genau für diesen Stil loben, ebenso wie für seine Kurzweiligkeit und das hohe Tempo, mit dem er agiert. Ich pendle mich deshalb bei einem soliden „okay“ ein.
imdb / Trailer

Three Billboards outside Ebbing, Missouri (Martin McDonagh, USA/GBR 2017)
Ja ja, ich weiß: Alle lieben diesen Film und nur einige wenige – so wie ich – stehen ihm etwas kritischer gegenüber. An meiner grundlegenden Meinung über Three Billboards hat sich auch nach der zweiten Sichtung nichts Wesentliches geändert: Die Schauspieler sind nach wie vor brillant, Sam Rockwell und Franccs McDormand haben ihre Oscars redlich verdient. Das Südstaaten-Flair sorgt für eine herrlich packende Atmosphäre, der schwarze bis pechschwarze Humor zündet jedes Mal. Und dass der Film derart bemüht darum ist, ein ambivalentes Moralverständnis zu erzeugen, Klischees aufzubrechen und umzukehren, nehme ich ihm auch kein bisschen übel. Was ist ihm allerdings übel nehme, ist nach wie vor die zweite Filmhälfte, der es nicht gelingt, all die großartigen Erzählstränge der ersten zu einem runden Abschluss zu führen. Ab dem Klimax zerfasert Three Billboards allmählich, führt Figuren ein, deren Potential schlussendlich verpufft, und vergisst, wie man einen guten fünften Akt aufbaut und inszeniert. Einen halben Stern packe ich auf meine ursprüngliche Wertung drauf – mehr kann ich ihm einfach nicht zugestehen.
imdb / Trailer

6 Kommentare zu „Filme gesehen #194 Hinterlasse einen Kommentar

  1. Muss sagen, dass ich in der letzten Woche keinen einzigen Film gesehen habe. Bei Cloverfield muss ich sagen, dass ich den überhaupt nicht leiden konnte. Bei 3 Billboards muss ich sagen, dass ich ihn einfach gerne nochmal sehen würde, hab den Spannungsabfall nämlich nicht festgestellt, sondern einen klugen Twist…

    Gefällt 1 Person

    • Das hängt wohl wirklich ganz von den eigenen Vorlieben ab. Eigentlich mag ich es ja, wenn ein Film Erwartungen untergräbt, aber in diesem Fall hat das einfach nicht wirklich für mich funktioniert….

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  2. Das Lustigste an Cloverfield war gegen Ende, wenn sich

    SPOILER!

    das gigantische Monster anscheinend an unseren Kameramann anschleicht und ihn überrascht… Naja, der Film hat uns 10 Cloverfield Lane beschert, darum nehme ich ihm nix übel.
    Märchen der Märchen fand ich toll. Der beste „düstere“ Märchenfilm seit der Zeit der Wölfe. Und es ist ja nicht so, dass es zwischendrin keiner probiert hätte.

    Gefällt 2 Personen

    • Nachdem ich jetzt meine Erinnerungen an Cloverfield noch mal aufgefrischt habe, kann ich ja endlich mal 10 Cl. Lane und den Netflix film nachholen.
      Und „Zeit der Wölfe“ schreib ich mir gleich mal auf die Liste – danke für den tipp!

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  3. Beim „Märchen der Märchen“ gebe ich dir absolut Recht. Da hat wirklich noch was gefehlt, aber insgesamt fand ich den Film auch unterhaltsam.

    „Cloverfield“ ist einfach nicht so meins… ich bin wirklich kein Fan von Found Footage shaky-cam. Bin aber nach wie vor überrascht, was aus diesem einen kleinen Film entstanden ist.

    Gefällt 1 Person

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