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Kritik: „Lost in Space“ (Staffel 1)

Wenig anspruchsvolle, aber trotz vieler Schwächen sympathische Neuauflage einer 50 Jahre alten Science-Fiction-Serie.

Lost in Space (Matt Sazama/Burk Sharpless, USA 2018)

Mit einem gewaltigen Werbeaufgebot hat der VoD-Anbieter Netflix Lost in Space – eine seiner neueren, unzähligen Serienproduktionen – im Frühjahr in die Öffentlichkeit getragen. Der Hype wird der zehn Episoden starken ersten Staffel allerdings nicht wirklich gerecht. Lost ist Space erzählt nämlich eine harmlose Science-Fiction-Geschichte, die man beinahe im Nachmittags-TV verorten könnte.

Wenn wenigstens die Idee neu wäre – aber nicht mal das ist der Fall. Schon vor 50 Jahren gab es eine Serie, die den gleichen Namen trug und eine ähnliche Geschichte erzählte. Zumindest in der konkreten Umsetzung konnte man neue Akzente setzen. Die Prämisse ist durchaus interessant: Ein Kolonie-Raumschiff auf dem Weg nach Alpha Centauri muss aufgrund eines Zwischenfalls evakuiert werden, woraufhin die Kolonisten auf einem bisher unbekannten Planeten stranden. Im Zentrum steht die fünfköpfige Familie Robinson, die nun Kontakt zu den anderen Kolonisten aufnehmen muss und den Planeten wieder verlassen will.

Der Name Robinson deutet bereits an, was einen im Laufe der zehn Folgen erwartet: Kontakt mit unbekannten Lebensformen, ein langwieriger Kampf ums Überleben und ein Fremder, der sich den Gestrandeten anschließt. Der heißt in diesem Fall nicht Freitag, sondern bekommt die schlichte Bezeichnung „Roboter“ verpasst, nachdem ihn Will (Maxwell Jenkins), der jüngste Spross der Robinsons, rettet und beide eine Art mentale Symbiose eingehen.

Eine Erstkontakt-Story, in der sich beide Spezies nicht sofort aggressiv begegnen: Das hat mein Interesse geweckt. Tatsächlich macht die Interaktion zwischen dem stoischen, stummen Roboter und den Robinsons – das langsame Annähern, das Kennenlernen menschlicher Gesten und Rituale – den größten Pluspunkt von Lost in Space aus.

Doch so eine Geschichte kann sich eben nicht auf Harmonie und Freundschaft ausruhen, sondern braucht Konflikt. Und da kommt sie ganz schön ins Holpern. Zum ersten wäre da die generelle Struktur: Lost in Space agiert nach der veralteten Serienregel, Probleme, die in einer Folge entstehen, noch in derselben aufzulösen. Das könnte funktionieren, würden die meisten Folgen nicht so unspektakulär und überhastet enden.

Zum zweiten wäre da die Antagonistin Dr. Smith (Parker Posey). Die scheint ein menschliches Wiesel zu sein, da sie immer da auftaucht, wo etwas relevantes passiert. Will Robinson versteckt heimlich eine Waffe unter seinem Bett? Streit zwischen zwei Kolonisten? Eine geheime Technologie ist nur für den Bruchteil einer Sekunde sichtbar? Smith kauert stets in einer dunklen Ecke, bekommt alles mit und schmiedet ihre Pläne. Das wird irgendwann derart lächerlich, dass es zu einem unfreiwilligen Running-Gag verkommt.

Zum dritten wäre da ein typisches Problem vieler Filme und Serien: dumme Kinder. Während sich Will Robinson in den ersten Folgen noch durchaus klug verhält, verkommt er in den späteren zu einem dieser nervtötenden, dämlichen Kiddies, die durch ihre schiere Naivität vollkommen vermeidbare Probleme erzeugen und so zum (leider) bestimmenden Element der Dramaturgie werden.

Und dann gibt es noch viele kleine Nadelstiche. Dass die Serie zum Beispiel total familienfreundlich sein will, was der Spannung alles andere als gut tut, da man nie damit rechnen muss, dass eine halbwegs wichtige Figur das Zeitliche segnet. Oder dass wichtige Story-Entwicklungen immer nochmal ausführlichst erklärt werden müssen – für die ganz Dummen quasi. Oder das halbherzige Worldbuilding, bei dem viele entscheidende Fragen (Wie lange ist das Schiff bisher geflogen? Waren die Passagiere im Kryoschlaf oder wach?) gar nicht oder zu spät beantwortet werden. Oder der viel zu cleane, von Lens Flares durchsetzte Look. Oder die bestenfalls durchschnittlichen Computereffekte.

Vor einem Flop wird Lost in Space jedoch durch einige kleine, sympathische Elemente gerettet. Die Figuren sind zwar alles andere als tiefgründig, aber zum größten Teil greifbar, menschlich und nachvollziehbar, ebenso wie ihre Probleme. Besonders die Eltern der Robinsons (Molly Parker und Toby Stepehens) sieht man immer wieder gerne. Auch gefällt, dass die Kolonisten ihre Probleme stets mit praktischen, naturwissenschaftlichen Ansätzen begegnen – auch wenn man da als kritischer Zuschauer einiges an Toleranz aufbringen muss. Ganz vorn in der Liste der guten Eigenschaft steht allerdings die positive Grundattitüde dieser Serie, welche unbekannte Welten und fremde Wesen nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderungen inszeniert, die nur im Kollektiv bewältigt werden können. Das ist im Science-Fiction-Genre, das in jüngster Vergangenheit eher durch pessimistisch-kritische Ansätze dominiert war, mal wieder eine erfrischende Abwechslung.

Fazit
Zugegeben: Ein wenig musste ich mich durch Lost in Space durchquälen. Und je größer die Folgenzahl wurde, desto öfter schlug ich die Hände vor dem Gesicht zusammen. Dennoch zog mich die Serie immer wieder zu sich zurück. Anspruch sucht man hier vergebens – dafür findet man ganz viel Menschlichkeit. Lost in Space eignet sich bestens für einen ruhigen Seriennachmittag auf der Couch, der nicht nach viel Aufregung verlangt. Und vielleicht schlummert hier ja auch das Potential für eine wirklich gute zweite Staffel.

Bilder & Trailer: (c) Netflix

2 Kommentare zu „Kritik: „Lost in Space“ (Staffel 1) Hinterlasse einen Kommentar

  1. Das habe ich schon von einigen gehört, dass die Serie mehr oder minder dahin plätschert… Deswegen konnte ich mich auch noch nicht dazu durchringen, da einen Blick zu riskieren.

    Gefällt 1 Person

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