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Kritik: „Sicario 2“

Nachfolger zu Denis Villeneuves Crimethriller, der schlechter als Teil eins ist – aber damit noch lange kein schlechter Film.

Sicario 2 (Sicario: Day of the Soldado, Stefano Sollima, USA 2018)

Sicario: Day of the Soldado hat ein schweres Erbe zu tragen. Zum einen aufgrund der hohen Reputation des ersten Teils, zum anderen, weil dessen runde Geschichte eigentlich gar keinen Nachfolger gebraucht hätte. Zumindest hinsichtlich der Intensität des Anfangs steht Sicario 2 seinem Vorgängers in nichts nach. Eine Serie islamistischer Anschläge in den USA ruft den Heimatschutz auf den Plan. Der mutmaßt, dass die mexikanischen Kartelle nun nicht mehr nur Drogen, sondern auch Terroristen über die Landesgrenze schmuggeln.

Erklärtes Ziel der CIA vertreten durch Matt Graver (Josh Brolin) ist es deshalb, einen Krieg zwischen den Kartellen anzuzetteln. Dazu reaktiviert Graver den kolumbianischen Killer Alejandro Gillick (Benicio del Toro) und lockt ihn mit dem Versprechen, endlich Rache für den Tod seiner Familie üben zu können. Seine Vergeltung bekam er zwar schon im Vorgänger, nun aber wollen Gillick und Graver dem ganz großen Fisch an den Kragen und zu diesem Zwecke seine Tochter entführen. Was natürlich furchtbar schief gehen muss.

Die Ereignisse, die die Handlung ins Rollen bringen, wirken also schon mal reichlich bemüht. Was Regisseur Stefano Sollima anschließend aus dem Drehbuch macht, das abermals aus der Feder von Taylor Sheridan stammt, kommt dem ersten Teil qualitativ aber zumindest sehr nahe. Wieder gibt es diese markanten Momente, in denen sich die Spannungsschraube langsam aber stetig ins Hirn des Zuschauers bohrt. Wieder dominiert eine unfassbar kühle, menschenfeindliche Atmosphäre, in der der Tod an jeder Ecke lauert. Wieder steigt der Gewaltgrad punktuell ins Extreme, ohne zu billigem Gore zu verkommen. Wieder ist man ob der unerwarteten Story-Wendungen mehr als nur einmal überrascht bis schockiert.

Wie es sich für eine gute Fortsetzung gehört, versucht sich Sicario 2 an einer Fusion aus Altbewährtem und Neuem. Allein, dieser Spagat will ihm nicht immer gelingen. So erscheint der Film gelegentlich wie eine dreiste Kopie des Vorgängers, beispielsweise während der unvermeidlichen Konvoi-Szene, deren audiovisuelle Gestaltung zwar eine vergleichbare Intensität erzeugt, der jedoch die markante Kulisse des ersten Teils fehlt. Auch, dass er mit Miguel (Elijah Rodriguez) erneut eine Figur aufseiten der Kriminellen einführt, die erst im letzten Drittel relevant wird, orientiert sich klar an Teil eins – es bleibt infolge der dünnen Charakterisierung jedoch beim bloßen Versuch und lässt jegliche emotionale Reaktion vermissen.

Und auch da, wo Sicario 2 interessante neue Akzente setzt, gibt es Probleme. Damit ist nicht der thematische Umschwung, weg vom Drogen- und Waffen- hin zum Menschenhandel gemeint. Der lässt in Anbetracht der aktuellen politischen Lage zwar ordentlich Potential liegen (was letztlich aber wohl der Tatsache geschuldet ist, dass der Film wohl schon abgedreht war, als die Lage eskalierte). Gemeint ist hingegen der erzählerische Fokus auf die Figuren von Josh Brolin und Benicio del Toro.

Man muss dem Drehbuch zumindest zugute halten, dass die Fassade dieser beiden so eiskalten Charaktere nun allmählich bröckelt, wenn sie ihre Befehle zugunsten Schwächerer verweigern und damit am Ende sogar beinahe menschlich wirken. Doch fehlt eben auch eine moralische Instanz, die einen Konterpart zum zweckorientierten Zynismus von Brolin und der wortkargen Eiseskälte von del Toro bildet. In Ermangelung einer neuen (oder alten) Emily Blunt bleibt für den Zuschauer wenig Identifikationsfläche. Kurzum: Sicario 2 mangelt es an Ambivalenz und moralischen Grauzonen. Der Film verkommt so zu einer Zurschaustellung des fragwürdigen Vorgehens amerikanischer Geheimdienste. Allerdings tut genau das der abgeklärten Atmosphäre auch gar nicht mal schlecht.

Fazit
Sicario: Day of the Soldado 
übernimmt viele Qualitäten seines Vorgängers: die einnehmenden Figuren, der ruhige, konstante Spannungsaufbau, die schockierende Wirkung dieser gnadenlosen Gewalt, welche eine überwältigend gute Atmosphäre erzeugt, die andere Genrevertreter nicht mal ansatzweise erreichen. Doch lässt er eben auch die wirklich markanten Story-Elemente und Momente (Stichwort: Nachtsichtgeräte) vermissen. Sicario 2 ist schlechter als sein Vorgänger – aber alles andere als ein schlechter Film. Bleibt zu hoffen, dass der dritte Teile diese Tendenz nicht fortsetzt.

8 Kommentare zu „Kritik: „Sicario 2“ Hinterlasse einen Kommentar

  1. Nein… danke, aber den brauch ich echt nicht. Sicario steht für sich alleine perfekt da. Ein Monument von einem Film. Warum soll man da eine Fortsetzung machen? Es würde doch auch niemand auf die Schnaps-Idee kommen, eine Fortsetzung zu zB 2001 zu machen.
    Oh wait…

    Gefällt 1 Person

  2. Ich verstehe nicht so ganz, warum dieser zweite Teil jetzt unbedingt sein musste. War „Sicario“ so ein Mega-Erfolg, dass man das darüber rechtfertigen.

    Das wird so ein Film, den ich mir dann wahrscheinlich erst im Heimkino gönnen werde.

    Gefällt 1 Person

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