Der Exorzist

The Exorcist, William Friedkin, USA 1973
Ein weiterer, ewiger Klassiker, den ich nun endlich von meiner Liste streichen kann. Und wieder einer, der sich absolut gelohnt hat. Die Handlung von Der Exorzist dürfte selbst Unwissenden in groben Zügen klar sein: Junges Mädchen wird vom Teufel befallen, der nun ausgetrieben werden muss. Dazu werden ein ehemaliger Psychologe, jetzt Priester (Jason Miller, dessen Spitzname im Film ausgerechnet Damien lautet) und ein weiterer Geistlicher (Max von Sydow), der bereits Erfahrung mit der Teufelsaustreibung hat, einbestellt.
Die Erzählstruktur überrascht – im positiven Sinne: Erst in der zweiten Stunde nimmt der Film seine bekannte Form an, wirklich ans Eingemachte geht es erst in den finalen 20 Minuten. Alles davor ist reine Exposition, wodurch die Figuren umso mehr Profil bekommen. Welcher moderne Horrorfilm kann schon von sich behaupten, dass dem Zuschauer wirklich etwas an der Kinderfigur liegt? Der Horror selbst ist ebenfalls gelungen, verzichtet Der Exorzist doch auf Jumpscares und setzt stattdessen auf eine verstörende Mischung aus visuellem Körperhorror und einem Klangteppich, der zwischen ruhigen und ohrenbetäubend lauten Momente changiert. Und die Performance von Linda Blair ist schlicht Wahnsinn.
Letztlich sind es aber seine inhaltlichen Stärken, die den Exorzisten so groß machen. Die Grenzen zwischen Medizin, Esoterik und Religion sind hier fließend. Nicht nur die Doktoren – die neuen Heiligen und Repräsentanten des Fortschritts – stoßen hier an ihre Grenzen. Die Geistlichen entpuppen sich ebenso als zweifelhafte Symbolträger, die schlussendlich zwar die Rettung bringen. Allerdings alles andere als souverän und nicht ohne Opfer. Der einzige, der das Wunder zu vollbringen vermag, ist ausgerechnet einer, der längst seinen Glauben verloren hat. Allmacht und Allwissen, so die ernüchternde Erkenntnis, sind nichts als Illusionen.
Bild: (c) Warner Bros.
Einer meiner ewigen Klassiker des Genres. Besonders die subtile und langsame Steigerung des Horrors ist für mich auch heute noch unübertroffen. Was sich da auf der Bild- und auch Tonebene abspielt ist wirklich ganz große Klasse.
Ein Film, der mir nach wie vor -auch nach diversen Sichtungen- eine Gänsehaut bereitet.
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Da fragt man sich doch, wo diese Erzählweise in den vergangenen Jahren geblieben ist…
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Öh, So finster die Nacht, Der Babadook, Raw, The Witch, Session 9… ich würde sagen die „exorzistische“ Erzählweise ist in den letzten 10 Jahren mehr en vogue als je zuvor.
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Da nennst du ein paar sehr schöne Beispiele, mir würden sicher auch noch einige einfallen (Hereditary?). Es sind aber eben leider nicht die kommerziell erfolgreichen, meinem Empfinden nach…
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Richtig, Studiohorror war in den letzten Jahren eher mies (zumindest mit It hatte ich aber wieder spaß, aber der hat nun gar nix vom Exorzisten). Aber die Indie-Schiene so gut, dass ich sagen würde wir sind in einem der besten Horrorzeitalter… okay, das sieht geschrieben merkwürdiger aus, als ich dachte. 😉
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What an excellent day for an exorcism…
Immer noch ein absoluter Klassiker… und ich bin jedes Mal überrascht, dass er im Irak anfängt.
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Den Sinn dieser Anfangssequenz habe ich bis zum Schluss nicht verstanden. Oder hat die Figur nochmal irgendwann eine Rolle gespielt?
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Es zeigt die Erfahrung von Vater Merrick mit dämonischen Erscheinungen(?) oder zumindest sein archäologisches Interesse und ordnet Captain Howdy/Pazuzu mythologisch ein, das ist wohl ein Dämon aus einer vorislamischen Religion. Dennoch denkt man bei dem Film immer nur an Washington… und Treppen.
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