Summer Wars

Samā Wōzu, Mamoru Hosoda, JPN 2009
Es wirkt etwas seltsam, dass die virtuelle Welt „Oz“ direkt zu Beginn von Summer Wars in aller Ausführlichkeit erklärt und durchleuchtet wird – nur um dann eine halbe Stunde lang keine Rolle zu spielen. Die hiesige digitale Sphäre ist auf den ersten Blick vergleichbar mit der „Oasis“, die Steven Spielberg in Ready Player One aus der Literaturvorlage auf die Leinwand brachte. Allerdings handelt es sich bei „Oz“ nicht nur um einen großen Spielplatz, sondern zugleich um die Schaltzentrale der globalen Infrastruktur. Das rächt sich spätestens, als „Oz“ in der zweiten Filmhälfte von einer aggressiven KI übernommen wird, was sowohl die digitale als auch die analoge Welt in ernsthafte Gefahr bringt.
Warum „Oz“ in der Handlung von Summer Wars erst so spät von Relevanz ist, wird bald klar: Regisseur Mamoru Hosoda will sich zunächst die nötige Zeit für die Exposition seiner Figuren nehmen. Die bestehen im Wesentlichen aus den Mitgliedern einer altehrwürdigen, matriarchalen und verdammt sympathischen Familie, die sichtlich stolz auf ihre Jahrhunderte lange Geschichte als einflussreicher Samurai-Clan sind. Und genau wie vor 500 Jahren müssen sie nun wieder in eine scheinbar aussichtslose Schlacht ziehen. Nur findet die diesmal auf unbekanntem – sprich: digitalem – Terrain statt.
Die Inszenierung von Summer Wars wartet mit viel Kreativität auf. Doch unter dieser Oberfläche verbirgt sich ein reichlich konventioneller Anime-Streifen, der sich des bewährten Motivs „Moderne versus Tradition“ bedient. Etwas mehr moralische Grautöne wären dabei jedoch wünschenswert gewesen. Und gegen Ende wird der Film – ebenfalls Anime-typisch – in Erzählung und Gestaltung reichlich extrem. Zu extrem, könnte man sagen. Schöne Ansätze, doch wird das vorhandene Potential leider nicht ausgeschöpft.
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