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Im Kino: Long Shot

Jonathan Levine, USA 2019

Sex, Drugs and Politics: Long Shot erzählt die Geschichte zweier Menschen, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten, durch diese drei Dinge jedoch zueinander finden. Der neue Film von Regisseur Jonathan Levine hätte gar die Chance gehabt, eine echte Polit-Satire zu werden. Letztlich bleibt es jedoch bei einer RomCom – auch wenn die ungewöhnlich politisch daherkommt und vergleichsweise clever geschrieben ist.

Beruflich läuft es für Fred Flarsky (Seth Rogen) ziemlich gut. Eben noch ist der Journalist um Haaresbreite dem Tod entronnen, nachdem seine Tarnung bei einem Treffen militanter Neonazis aufgeflogen war. Die neue Story kommt gut an, doch die Freude währt nicht lang. Denn das Magazin, für das er arbeitet, wurde gerade vom Medienmogul Parker Wembley aufgekauft. Flarsky, in seinem Berufsethos gekränkt, schmeißt hin.

Wenig später trifft er auf eine alte Bekannte: seine ehemalige Babysitterin und heimliche Liebe Charlotte Field (Charlize Theron), die es inzwischen zur US-Außenministerin geschafft hat und kurz davor steht, ihre Kandidatur für die nächsten Präsidentschaftswahlen zu verkünden. Sie ist kompetent, verhandlungssicher – doch fehlt es ihren Reden laut Umfragen an Humor. Also wird der lustige Flarsky als neuer Redenschreiber engagiert.

Seth Rogen und Charlize Theron in „Long Shot“. (c) Lionsgate

„Das ist wie Pretty Woman, nur ist sie Richard Gere und du bist Julia Roberts“, ist ein Satz, der im Trailer zu Long Shot fällt und der es nicht in den finalen Film geschafft hat – die Situation aber auch nur unzureichend beschreibt. Pretty Woman drehte sich um eine vermeintlich unmögliche Liebe zwischen Ober- und Unterschicht – Long Shot um eine vermeintlich unmögliche Liebe zwischen einem Idealisten und einer Realistin, zwischen Sein und Schein. Zwischen einem Journalisten, dem die Meinung anderer egal sein kann und der sich deshalb völlig gehen lässt – und einer Politikerin, die absolut auf die Gunst ihres Umfeldes angewiesen ist.

Vielmehr noch als obiger Satz verwundert jedoch, dass der Trailer die politische Note des Films völlig verschweigt. Sowohl der unfähige Präsident (Bob Odenkirk), der wie Donald Trump aus dem TV-Business kommt, als auch der auf Rupert Mordoch anspielende Medienmogul Wembley (gekonnt maskiert: Andy Serkis) werden vom Werbeclip ignoriert, obwohl sie einen essentiellen Bestandteil der Handlung bilden. Long Shot entpuppt sich als erstaunlich zeitgeistiger Film, gleichwohl das Politische hier nicht über Oberflächliches hinaus kommen.

Am deutlichsten wird dieser Aspekt noch, wenn Flarsky und Field über die Realisierung politischer Ziele streiten. Man könne ein System nur verändern, wenn man ein Teil davon sei, argumentiert die Ministerin. Der Journalist wiederum sieht in einem Kompromiss nicht den goldenen Weg der Diplomatie, sondern ein Mittel, um notwendige Veränderungen zu verschleppen. Ansonsten gibt das Drehbuch aber höchstens einige Spitzen her, etwa wenn Flarsky sich beim Amtsantritt in Hanoi dafür entschuldigt, „was wir Amerikaner euch damals angetan haben“.

Das Politische ist im Wesentlichen also ein Mantel für den romantisch-komödiantischen Kern von Long Shot. Doch während die Romanze rundum funktioniert (die Liebe zwischen Flarsky und Field entwickelt sich langsam, aber stetig und bleibt durchweg nachvollziehbar), schwankt der Humor zwischen klug und infantil. Gerade wenn man einen halbwegs intelligenten Witz erlebt hat, kommt der nächste Sperma- oder Fäkalien-Gag um die Ecke und weckt böse Erinnerungen an Seth Rogens Totalausfälle (Bad Neighbors 2).

Apropos Rogen: Dass sich ausgerechnet der Hauptdarsteller dieses Films wie ein Fremdkörper anfühlt, dem mit aller Macht das Label vom hässlichen, ekligen Asozialen aufgedrückt wird, trübt den Gesamteindruck arg. Dem gegenüber steht allerdings eine Charlize Theron, die in ihrer Rolle vollkommen aufgeht und Ministerin Field gleichsam mit Stil als auch Menschlichkeit verkörpert.

Long Shot ist also ein schwieriger Fall. Eine vergleichsweise clevere Romantic Comedy, die reichlich politisch daher kommt, dabei jedoch nur an der Oberfläche kratzt und immer wieder peinlichen Fäkalhumor hervorkramt. Dennoch eines der stärkeren US-amerikanischen Genre-Exemplare seit Jahren – auch wenn hier viel Potential verschenkt wird.

Bilder & Trailer: (c)

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