Under the Silver Lake

David Robert Mitchell, USA 2018 – Etwas Coen-Brüder, ein bisschen David Lynch, eine Prise Alfred Hitchcock und ganz viel eigene Verrücktheit – mit dieser Formel ist Under the Silver Lake zumindest grob umrissen. Das spricht sowohl für als auch gegen diesen Neo-Noir-Comedy-Crime-Thriller, der sich über seine gesamte Laufzeit von 140 Minuten hinweg vielen erzählerischen Konventionen entzieht, die in Hollywood sonst gebräuchlich sind. Die Storyprämisse ist schnell zusammengefasst: In einem Vorort von Los Angeles gehen seltsame Dinge vor. Ein mutmaßlicher Hunde-Killer treibt sein Unwesen, ein örtlicher Milliardär löst sich in Luft auf. Als auch noch seine Nachbarin Sarah (Riley Keough) über Nacht verschwindet, begibt sich der Taugenichts Sam (Andrew Garfield als meta-moderne Neuinterpretation des „Dude“) auf die Suche nach ihr – und stolpert in einen Plot voller skurriler Begegnungen und merkwürdiger Ereignisse.
Die meisten davon führen (auf den ersten Blick) in die Irre oder gänzlich ins Leere. Etwa die seltsame High-Society-Drogenparty, auf der Sam einem mysteriösen Ballon-Mädchen begegnet. Oder der Obdachlosenkönig, der unseren Anti-Helden in ein Untergrund-Labyrinth führt. Oder das Aufeinandertreffen mit einem hämischen, alten Musikproduzenten, der innerhalb weniger Momente Sams Kindheit zerstört. Das hört sich jetzt reichlich zerfasert an – weil es das letztlich auch ist. Diverse rote Heringe und falsche Fährten prägen die Handlung von Under the Silver Lake, nur selten kann man sich (ähnlich wie der Protagonist) sicher sein, was echt und was nur Fantasie oder Traum ist. Regisseur David Robert Mitchell bedient sich dabei diverser visueller und inhaltlicher Referenzen – und legt diese konsequent offen. Die Konklusion des Ganzen fällt da beinahe schon banal aus, ist auf ihre Art aber durchaus zufriedenstellend.
Im Kern stellt Under the Silver Lakejedoch die Frage, wie sinnvoll es ist, jedes Mysterium aufdecken zu wollen. Vor 100 Jahren, heißt es in der Mitte des Films, da gab es noch Rätsel zu lösen, die den Entdecker berühmt machen konnten. Und heute? Heute suchen wir in der Popkultur verzweifelt nach bedeutsamen Mustern und Botschaften, die es gar nicht gibt. Und deren Enträtselung im schlimmsten Fall die wohligen Illusionen, die unserem Alltag noch ein wenig Tiefe verleihen, zerstören können. Die mythische Kraft des Unbekannten – sie sorgt in Under the Silver Lake sowohl für Verwirrung als auch für Lacher. Toller Ansatz, solider Film.
Den mochte ich sehr. Fand ich herrlich schräg, verwirrend und was nicht noch alles. Das war auf jeden Fall eine schöne Überraschung.
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Etwas mehr Struktur und/oder visuelle Einfälle hätten es für mich schon sein können 🙂
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