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Es Kapitel 2

It Chapter 2, Andy Muschietti, USA 2019 – Andy Muschietti gelang 2017 eine mittelgroße Überraschung: Mit seiner Verfilmung des Stephen-King-Klassikers Es hauchte er der angestaubten Geschichte neues Leben ein und sorgte mit der Kombination aus talentierten Jung-Schauspielern, schaurigem Design und einer virtuosen Kameraarbeit für eine inhaltlich, vor allem aber ästhetisch eindrückliche Geisterbahnfahrt. Zwei reale und 27 filmische Jahre wird die Geschichte im heiß erwarteten finalen Part des Zweiteilers zu Ende geführt. Allerdings ist Es Kapitel 2 der traurige letzte Atemzug eines Kinosommers voller Enttäuschungen geworden.
Die Handlung entwickelt sich ganz so, wie es bereits im Vorgänger angedeutet wurde: Nachdem der Grusel-Clown Pennywise (Bill Skarsgård) zuletzt 1989 sein Unwesen in Derry trieb und von einer Clique Halbwüchsiger – dem Club der Verlierer – besiegt wurde, kriecht das Monstrum wieder aus der Kanalisation an die Oberfläche.

Mehrere brutale Todesfälle später steht für Mike (Isaiah Mustafah), das einzige in Derry verbliebene Mitglied des Loser-Clubs, fest: Die alte Gang muss wieder vereint werden und ihr Werk vollenden. Doch nur widerwillig kehren Bill (James McAvoy), Richie (Bill Hader), Ben (Jay Ryan), Eddie (James Ransone) und Beverly (Jessica Chastain) in die US-Kleinstadt zurück und erleben alsbald zahlreiche Schrecken, indem sie von Pennywise mit ihrer Vergangenheit und ihren Ängsten konfrontiert werden. Durch ein uraltes Ritual soll dem Wesen endgültig das Licht ausgeknipst werden, wozu es Artefakte aus der Jugend der Sieben bedarf.

Isaiah Mustafa, Bill Hader, James McAvoy, Jessica Chastain und Jay Ryan (v.l.) in „Es Kapitel 2“. (c) Warner Bros

Es wirkt wie eine vorauseilende Entschuldigung, wenn schon zu Beginn von Es Kapitel 2 gebetsmühlenartig wiederholt wird, dass die Werke von Bill – inzwischen zum erfolgreichen Drehbuchautor avanciert – allesamt ein fürchterliches Ende hätten. King ist ja bekanntlich (oder angeblich) unfähig, gute Enden zu schreiben. Und spätestens mit dem überraschenden Cameo-Auftritt des Autors dürfte selbst der letzte Zuschauer begreifen, dass diese anfängliche Aussage als Meta-Kommentar zu verstehen ist.

Es ist allerdings bei weitem nicht das durchaus okaye Finale von Kapitel 2, an dem der Film scheitert. Das Drehbuch weist nämlich bereits im Mittelteil eklatante Schwächen auf. So fühlt sich das Gros der Dialoge völlig unnatürlich an und verkommt zu reinen Erklärstücken über das, was gerade geschieht und noch passieren wird. Alltägliche Dinge fristen nach der großen Wiedervereinigung in den Gespräche ein Schattendasein. Dass die Figuren überhaupt so etwas wie Profil besitzen, ist einzig dem ersten Teil zu verdanken.

Bill Skarsgard in „Es Kapitel 2“. (c) Warner Bros

Die Struktur des Plots fällt erschreckend einfallslos aus: Bei der Suche nach den Artefakten wird jede Figur fein säuberlich episodisch und hintereinander abgehakt; stets kommen sie mit einem Schrecken davon, der sich lediglich als harmlose Halluzination entpuppt, was (zusätzlich zu den diesmal arg erzwungenen Gags) das Gefühl der Bedrohung auf ein Minimum reduziert. Warum das alles dann auch noch nahezu drei Stunden gehen muss, verstehe wer will.

Am schmerzlichsten macht sich jedoch der Weggang von Kameramann Chung-Hoon Chung (Oldboy, Die Taschendiebin) bemerkbar. Dessen Bilder waren im Vorgänger essentiell für die verstörend-schaurige Atmosphäre – man erinnere sich etwa an die zahlreichen Close-Ups, Dutch Angles, an die Kopfüber-Aufnahmen oder die grandiosen Übergänge und Match-Cuts. Davon übrig geblieben ist unter dem neuen Linsenmeister Checco Varese: nichts. Unkonventionelle Einstellungen sucht man in Es Kapitel 2 mit der Lupe, der Film reiht eine Standard-Aufnahme an die nächste. Statt den Horror über das Visuelle zu kreieren, was in Teil eins noch so famos gelang, wird in Kapitel 2 wieder und wieder dem billigen Schock gefrönt: Alle paar Minuten hüpft ein mäßig animiertes CGI-Monster aus einer dunklen Ecke, sorgt kurz für einen Schreck und verschwindet wieder in der Finsternis. Das ist wahnsinnig faul, berechenbar und wird sehr schnell sehr langweilig.

Eigentlich ist es kaum zu glauben, dass hier derselbe Regisseur und derselbe Autor wie bereits vor zwei Jahren am Werke waren. Wenn man Es Kapitel 2 etwas zu Gute halten will, dann ist es der tolle Cast, der den Jung-Schauspielern erschreckend ähnlich sieht, und der hohe Produktionswert. Das war‘s aber auch schon. Und das ist angesichts der Qualität des ersten Teils überaus bedauerlich.

Bilder & Trailer: (c) Warner Bros

12 Kommentare zu „Es Kapitel 2 Hinterlasse einen Kommentar

  1. Autsch. Das klingt ja gar nicht gut. Gott… da bin ich ja mal gespannt, wie ich den finden werde. Ich mochte die Geschichte der Erwachsenen schon im Buch nicht so sehr. Vor allem war die da ja eh mehr Füllwerk. Naja… morgen werde ich mir das vielleicht mal anschauen.

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    • Habe das Buch nicht gelesen, insofern kann ich da keine Vergleiche ziehen. Aber sie fällt gegenüber dem Teeni-Part schon deutlich ab. Wäre ja aber auch nicht so schlimm, wenn der Rest passen würde…
      Vielleicht kannst du ja trotzdem was mit anfangen, habe auch schon einige sehr positive Stimmen gelesen. Möglicherweise sind deine Erwartungen ja jetzt so tief, dass du automatisch gut findest 😅

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  2. Ich war auch schrecklich enttäuscht und dabei hatte ich mich das ganze Jahr darauf gefreut. Das einzig gute was ich am Film fand…war tatsächlich das Ende. Und warum drei Stunden, dass wollte mir auch nicht in den Kopf 😦

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  3. Ich habe den Film nicht gesehen. Allerdings war (und bin) ich mir nach Teil 1, den ich sehr mag, sicher dass die Fortsetzung auf Grund der Erzählstruktur schlecht(er) werden muss.
    Irgendwann werde ich mir beide Teile zuhause am Stück zu Gemüte führen.

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  4. Ich war ziemlich enttäuscht. Da hätte ich viel, viel mehr erwartet. Nur eine atmosphärisch Dichte und leidlich gruselige Szene (Besuch bei der alten Dame) im ganzen Film ist nun wirklich zu wenig. Fast unerträglich fand ich die „lustigen Sprüche“ dieses Vogels, der den Comedian gespielt hat. Nee, das gar nix 👎🏻

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    • Volle Zustimmung. Die erwähnte Szene hat ja zumindest einen super Trailer abgegeben – im Film wurde sie für mich aber völlig verschenkt, weil die Auflösung so verdammt billig war…

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