The Boys (Staffel 1)

Eric Kripke/Evan Goldberg/Seth Rogen, USA 2019 – In regelmäßigen Abständen erscheinen neue Serien, die einen mittleren bis großen Hype verursachen. Die jüngste von ihnen heißt The Boys, ist seit einigen Wochen auf Amazon Prime zu sehen und versucht sich an einer satirischen Auseinandersetzung mit dem aktuell so populären Superhelden-Genre und dessen Publikum. Das wirkt bisweilen recht plakativ – ist aber dennoch sehr unterhaltsam.
Die Prämisse von The Boys verknüpft die Realität mit einer fiktionalen Welt voller Superhelden: Die edlen Heroen sind hier nur zweiter Linie Retter in der Not, sondern vor allem popkulturelle Ikonen und ein massiver Wirtschaftsfaktor – ganz so also, wie dies aktuell der Fall ist. Das Monopol liegt beim Großkonzern Vought, der die Helden an einzelne Städte und Staaten vermietet und riesige Gewinne mit Merchandise und Co. macht. Die mächtigsten der Helden sind vereint im Rat der Sieben, angeführt vom Superman-Verschnitt Homelander (Anthony Starr). Madelyn Stillwell (Elisabeth Shue) leitet derweil die Geschäfte von Vought und jagt dem nächsten großen Deal hinterher: Geht es nach ihr, sollen die Superhelden künftig auch militärisch zum Einsatz kommen.
Das Gros der Handlung spielt sich jedoch auf deutlich kleinerer Ebene ab und beginnt schockierend: Die Freundin des unbeschwerten Fernsehverkäufers Hughie (Jack Quaid) löst sich in einer Wolke aus Blut und Knochen auf, als ein Mitglied der Sieben – der superschnelle A-Train (Jessie T. Usher) – einfach durch sie hindurch rast und sofort wieder verschwindet. Das Ganze wird als Kollateralschaden abgetan und stellt Hughies Leben komplett auf den Kopf. Schließlich war er bisher ein riesiger Fan des A-Trains. Der plötzlich auftauchende, grobschlächtige FBI-Agent Billy (Karl Urban) verspricht Hughie eine Chance auf Vergeltung, will ihn für einen Job verpflichten, um die dunklen Machenschaften der Sieben und deren Konzern aufzudecken. Denn wie schon früh klar wird, steckt hinter der Fassade der philantropischen Lebensretter nicht nur knallhartes kapitalistisches Kalkül, sondern auch eine waschechte Verschwörung. Und in die platzen die „Boys“, denen sich alsbald weitere Mitglieder anschließen, kurzerhand hinein.

Ein zweiter Handlungsstrang gibt Einblick in diese Strukturen: Er zeigt die Nachwuchs-Heldin Starlight (Erin Moriarty), die bei den Sieben aufgenommen wird und sogleich Opfer eines Weinstein-artigen Übergriffs durch die Aquaman-Persiflage The Deep (Chace Crawford) wird. In Starlight spiegelt sich der zentrale Konflikt von The Boys wider: die Widersprüchlichkeit von Sein und Schein. Was macht einen Helden wirklich aus? Seine Taten oder das Bild, das er in der Öffentlichkeit verkörpert?
The Boys beschäftigt sich in seinen acht Folgen mit zahlreichen weiteren Themen. Der Privatisierung staatlicher Strukturen etwa, religiösem Fanatismus, kapitalistischer Rücksichtslosigkeit und moralischer Bigotterie, systemischem Sexismus und allem voran: Verantwortung und Machtmissbrauch. Heiligt der Zweck die Mittel oder ist Moral absolut? Und was kann man im schlimmsten Fall eigentlich gegen ein Wesen wie Homelander unternehmen, das unbesiegbar scheint? Jede der Figuren – auch die Mitglieder der an die Justice League angelehnten Sieben – hat ihre eigenen Probleme und Traumata zu bewältigen, was allen eine erstaunliche Tiefe und Greifbarkeit verleiht. Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind hier fließend: Selbst jene Charaktere, die zu Beginn wie die größten Mistkerle erscheinen, entwickeln irgendwann ein Projektionsfläche für Empathie.
Die Serie bewältigt dabei mühelos den Spagat zwischen bitterem Ernst sowie humorvollen Momenten und ist alles andere als zimperlich. Gleichwohl liegt darin – neben dem drögen, grau-braunen Look – auch eines ihrer Probleme: The Boys ist bisweilen zeimlich plakativ. Insbesondere gilt dies für Homelander, dessen Mutter-Komplex – wenngleich nachvollziehbar – arg überzeichnet erscheint. Wenn er in der Staffelmitte auch noch mit einem Gewehr auf seine Mitstreiterin Queen Maeve (Dominique McElligott) schießt, um einen Angriff zu fingieren, tötet diese überdeutliche Anspielung auf einen Samenerguss auch den letzten Hauch von Subtilität ab. Derartige Momente finden sich immer wieder, treten vor allem in Momenten auf, in denen es um Sex geht, was sie ziemlich selbstzweckhaft erscheinen lässt. Den überwiegend positiven Gesamteindruck, den The Boys hinterlässt, trübt das aber nur dezent. Nach dem finalen Cliffhanger bleibt deshalb zu hoffen, dass die zweite Staffel zeitnah kommt – und Handlung sowie Figuren genau komplex bleiben.
Bilder & Trailer: (c) Amazon Studios
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Ich mag keine Superheldenfilme und -serien!!
The Boys zeigt mir die andere Seite. Das, was hinter der Öffentlichkeit liegt. Das macht die Serie so interessant. Ich hoffe, es wird eine weitere Staffel geben, welche der Ersten ebenbürtig sein wird und nicht nur einfach „hingerotzt“ wurde.
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