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Rambo – Last Blood

Andrian Grünberg, USA 2019 – Zum fünften und mutmaßlich letzten Mal schlüpft Sylvester Stallone in seine – nach Rocky Balboa – zweitbekannteste Paraderolle: der des dauertraumatisierten Vietnam-Veteranen John Rambo. Last Blood bildet den unrühmlichen Abschluss einer Reihe, der Sinkflug aber schon mit dem zweiten Teil begann.

Die hauchdünne Handlung beginnt wie folgt: John (Stallone) ist nach seinem Exil in Südost-Asien und dem dortigen Massaker im vierten Film endlich in der Heimat angekommen. Im Haus seiner verstorbenen Vaters fristet er ein bescheidenes Dasein, hilft als Katastrophenretter aus, reitet Pferde ein, hat (warum auch immer) ein riesiges Tunnelsystem unter dem Gelände errichtet und versucht das Fehlen eines eigenen Kindes durch Gabrielle (Yvette Monreal), die Enkelin seiner Haushälterin, zu kompensieren. Als das Mädchen erfährt, wo sich ihr Vater in Mexiko versteckt, steigt sie trotz zahlreicher Warnungen und Mahnungen ins Auto, überquert kurzerhand die Grenze nach Süden und wird nur wenig später Opfer eines Drogen- und Prostitutionsringes.

In der ersten halben Stunde ist Last Blood noch darum bemüht, uns so etwas wie charakterliche Tiefe und eine emotionale Verbindung zwischen den John und Gabrielle vorzugaukeln. Ist die Exposition jedoch abgeschlossen, zeigt sich schnell, dass all dass nur den simpel gestrickten Aufhänger für einen plumpen Rescue-and-Revenge-Plot im Stile von 96 Hours bildet: Alter Mann räumt im Ausland auf, weil die dortige Justiz unfähig, korrupt oder beides ist. Die traumartigen Rückblenden, die John Rambo anfangs den Schlaf rauben, entpuppen sich schnell als Nebelkerzen. Bald stehen nur noch die Gewalt und der Wunsch nach völliger Vergeltung im Mittelpunkt.

Sylvester Stallone in „Rambo: Last Blood“ (c) Universum Film GmbH

Das könnte, zumindest dramaturgisch, durchaus funktionieren – wäre das hier gezeichnete Bild von Mexiko und seiner Einwohner nicht so hemmungslos rassistisch und würden die Figuren und ihre Motivationen mehr sein als nur Surrogate für eine echte Auseinandersetzung mit ihren Problemen. Last Blood täuscht – besonders in den phrasenhaften Mono- und Dialogen Johns und der mexikanischen Journalistin Carmen Delgado (Paz Vega) – Tiefe vor, wo es keine gibt. Und wo es eigentlich auch keine bräuchte.

In der zweiten Hälfte legt der Film dann endlich offen, wofür er diesen ganzen Ballast vermeintlich brauchte: für die Rechtfertigung eines vor Gewalt geradezu explodierenden Exzesses. Der ist immerhin dynamischer als das stumpfe Maschinengewehr-Massaker aus Teil vier inszeniert – ist, im wörtlichen wie metaphorischen Sinne, aber trotzdem unterirdisch. Das Finale pfeift drauf, dem Zuschauer irgendeine Orientierung zu bieten: Wo befinden wir uns gerade? Wer wurde da eben erledigt? Wie viele Gegner sind noch übrig? Wie viel Feuerkraft hat unser „Held“ noch im Köcher? Fragen, die man im Blutrausch schnell vergessen kann, die jedoch elementarer Bestandteil wirklich guter Action sind. Den Verantwortlichen geht es nur um eine möglichst brutale und „kreative“ Kill-Montage.

Seine formalen Mängel versucht Last Blood dabei durch überbordende Absurdität zu überblenden. Exemplarisch dafür ist die Konfrontation mit dem Ober-Mufti der Mexikaner, der durch einen Mortal-Kombar-Finisher sein Ende findet. Angesichts der psychischen Probleme Johns, die uns zuvor gezeigt wurden, verkommt dieser Abschluss zu einer zynischen Endnote im Umgang mit der Hauptfigur und dessen Traumata. Ging es nicht ursprünglich darum, all das hinter sich zu lassen? Dass sich im Abspann dann noch die Nostalgie Bahn bricht und Szenen sämtlicher Rambo-Teile zur gleichen theatralisch-schmalzigen Musik gezeigt werden, die schon den Rest des Films begleitete, ist an Lächerlichkeit kaum zu unterbieten. Donald Trump wird dieser Film aber mit Sicherheit gefallen.

8 Kommentare zu „Rambo – Last Blood Hinterlasse einen Kommentar

  1. Ich konnte dem Film ja noch eine leichte unterhaltsame Note abgewinnen (ich hoffe, damit bin ich jetzt nicht mit Mr. Trump gleichgestellt)… aber ich finde es auch schade, dass Stallone keinen würdigeren Abschied gefunden hat. Bei Rocky hat das ja wunderbar geklappt, bei Rambo nach wie vor nicht. Ich hatte bei Last Blood echt gehofft, dass er an die Qualitäten von First Blood anschließt… aber zwischen diesen Filmen liegen ja echt Welten. Ist schon echt schade, dass da kein besserer Film draus geworden ist.

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    • Mit Teil zwei hat sich die Richtung der Reihe ja (leider) völlig verändert und hat sich dann dementsprechend auch festgefahren… Teil 2 gefiel mir nicht, Teil 3 habe ich noch nicht gesehen, Teil 4 fand ich aufgrund der Gewalt als Pubertierender richtig krass, ist in der Rückschau aber auch kein guter Film. Es hätte mich schon wirklich überrascht, wenn Last Blood da jetzt der strahlende Diamant geworden wäre. Aber ihm fehlen m.E. halt ganz einfach Kriterien, die einen guten (Action)Film ausmachen.
      Und nein, keine Angst, du bist nicht mit Mr. Trump gleichgestellt. Außer, du teilts seinen Hass auf Mexikaner ^^
      Aus unserer deutschen Perspektive ist das ja nochmal anders, da ist das Thema ja gar nicht präsent.

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      • Es sind leider ab Teil 2 wirklich alles keine guten Filme mehr. Ich wünschte manchmal wirklich, sie hätten das alternative Ende zu First Blood genommen und Rambo einfach sterben lassen.

        Teil 3 finde ich persönlich noch irgendwie am unterhaltsamsten, weil der purer Trash ist. Alles andere unterhält mal eben kurz und ist dann auch wieder vergessen.

        Ein Glück hat Stallone es da mit den Rocky-Filmen so viel besser gemacht.

        Und nein, ich habe nichts gegen Mexikaner 😁

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  2. Im Kern bietet der Abschluß auch nur die in den vorherigen Filmen auf gleichem Niveau angesiedelten Kämpfe und Bodycounts (selbst der erste Rambo ist beim Töten nicht zimperlich, bietet aber sehr viel mehr narrative Tiefe). Als Gehirn aus und einfach nur berieseln lassen funktioniert (zumindest für mich) auch „Last Blood“. Die erwähnte stereotype Zeichnung der Gegner (in diesem Fall Mexikaner) ließe sich genauso gut auf die anderen Filme übertragen. In diesem Sinne macht das Werk also keine besonderen Ausreißer nach (noch weiter) unten.

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    • „selbst der erste Rambo ist beim Töten nicht zimperlich“ – Ähhh… dort kommt doch nur ein einziger Mensch ums Leben. Aber ja, spätestens mit dem zweiten Teil hat sich das radikal gewandelt.

      „Die erwähnte stereotype Zeichnung der Gegner (in diesem Fall Mexikaner) ließe sich genauso gut auf die anderen Filme übertragen.“ – Das ist in meinen Augen aber keine Entschuldigung dafür, dass hier doch arg rassistische Klischees vom bösen, mexikanischen Invasor bedient werden.

      Und was die Action betrifft: Sicher, zum Berieseln eignet sich die sehr gut. Aber inzwischen habe ich, was die Inszenierung angeht, eben gewisse Ansprüch bzgl. Montage, Kamera, Beleuchtung, Orientierung etc, die hier nicht gegeben waren. In diesem Jahr hat da für mich John Wick 3 die Messlatte gesetzt. Die hätte Rambo nicht erreichen müssen – aber er hat es eben noch nicht einmal versucht.

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