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Knives Out – Mord ist Familiensache

Knives Out, Rian Johnson, USA 2019 – Mit einem gewaltigen Staraufgebot und seiner typisch subversiven Herangehensweise will Rian Johnson (Brick, Star Wars 8) dem altehrwürdigen Genre des Whodunnit neues Leben einhauchen. Zumindest kommerziell hat das schon mal geklappt: Knives Out ist ein echter Erfolg an den Kinokassen. Woher rührt der Hype?

Die einfachste Begründung: die Besetzung. Mit James-Bond-Darsteller Daniel Craig ist ein echtes Schwergewicht in der zweiten Hauptrolle zu sehen, hinzu gesellen sich bekannte Namen wie Jamie Lee Curtis, Michael Shannon, Chris Evans, Don Johnson, Christopher Plummer und Toni Colette. Sie verkörpern die eigenwilligen, teils bizarren Mitglieder einer Großfamilie, deren Patriarch (Plummer) in der Nacht seines 85. Geburtstags ums Leben kommt. Selbstmord scheint zunächst die Ursache zu sein – doch Detektiv Benoit Blanc (Craig) fällt schnell auf, dass mehr dahinter steckt. Erst recht, nachdem er Marta, die Pflegerin des Toten (und der eigentliche Star hier: Ana de Armas), verhört hat.

Ana de Armas und Danile Craig in „Knives Out“ (c) Universum Film

Knives Out hat jedoch wesentlich mehr zu bieten, als eine A-List-Darstellerriege. Das fängt schon mit der Exposition der Figuren an, die pointiert geschrieben und angenehm flott inszeniert ist. Sobald die abgeschlossen ist, beginnt ein Wechselspiel aus Ermittlungsarbeiten, Verdächtigungen und Rückblicken, bei dem jeder als potentieller Täter in Frage kommt – und dann wieder doch nicht. Denn, wie sich schnell herausstellt, alle hatten ihr Streitigkeiten mit dem Familienoberhaupt gehabt, alle haben es sich auf dem Bett seines Wohlstands bequem gemacht, alle hätten von seinem Tod profitiert – und alle haben ein Alibi.

Johnson legt den Fokus dabei weniger auf die reine Suche nach faktischen Indizien, konzentriert sich stattdessen auf das Zusammenspiel der Figuren und die zwischen ihnen bestehenden Konflikte, durch die er seinem Film eine deutliche politische Note verleiht. Wenn vor dem Kamin über Migration und illegale Einwanderung debattiert wird, die aus Südamerika stammende Marta in die Konversation hinein gezwungen wird und der Regisseur und Autor die Machtverhältnisse schließlich zugunsten der moralischen Integrität der Beteiligten umkehrt, dann erweckt Knives Out gar den Eindruck, dass er nur in zweiter Linie einen Kriminalplot erzählen wolle. Viel wichtiger scheint es dem Autorenfilmer zu sein, ein komprimiertes Abbild des gesellschaftlichen Status Quo in den USA und insbesondere der heuchlerischen Debattenkultur zu schaffen. Was auch dadurch bestärkt wird, dass die einzelnen Familienmitglieder stellvertretend für zeitgenössische, problematische Strömungen wie Neoliberalismus, Esoterik oder Alt-Right stehen.

Der Krimiplot selbst wartet mit Genre-üblichen, aber auch -unüblichen Überraschungen auf, verliert durch eine unkonventionelle dramaturgische Entscheidung im Mittelteil deutlich an Schwung und gibt sich in Summe cleverer, als er tatsächlich ist. Nichtsdestotrotz trägt er – neben den tollen Darstellerleistungen – diesen Film und sorgt von Anfang bis Ende für zwei sehr vergnügliche Kinostunden. Vor allem zeigt Johnson mit Knives Out, dass originäre Stoffe und eine frische Herangehensweise an altgediente Muster durchaus noch einiges an Potential entfalten können.

Bild & Trailer: © Universum Film

7 Kommentare zu „Knives Out – Mord ist Familiensache Hinterlasse einen Kommentar

  1. Ich bin mal echt gespannt, ob er das erfolgreich fortsetzen kann. Der Film selbst hat mir auch echt gut gefallen, ich frage mich bei dem aber, ob er bei einer zweiten Sichtung auch noch so funktioniert

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    • Ich denke schon, dass er einer zweiten Sichtung gut standhält, weil man dann die entscheidenden Figuren von Anfang an durchblicken kann. Dass jetzt aber schon eine Fortsetzung im Raum steht, find ich ehrlich gesagt nicht so pralle… 😅

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  2. Ich glaube auch, dass der ner Zweitsichtung standhält, hast du den auf Deutsch oder auf Englisch gesehen?
    Ich war sehr begeistert, aber ne Fortsetzung um Benoit Blanc brauche ich auch nicht unbedingt.

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