Varda par Agnès

Agnès Varda/Didier Rouget, FRA 2019 – Ein knappes Jahr nach dem Tod von Agnès Varda erhält die Grand-mère der Nouvelle Vague ein filmisches Porträt, das in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich ist. Varda, die in ihrem 90-jährigen Leben zahlreiche Filme drehte, fotografierte und diverse Kunstinstallationen schuf, berichtet in dieser Mischung aus Dokumentation und Essay über ihre Kunst, ihre Inspirationen, ihren Werdegang und lässt ihre vielfältige Karriere Revue passieren.
Das geschieht zu einem Großteil im Beisein junger Studenten, vor denen Varda zu Beginn Platz nimmt, bevor sie mit viel Charme, Witz und Esprit zu erzählen beginnt. Manchmal stoßen Gesprächs- und Interviewpartner zu ihr, manchmal macht der Film einen Schlenker, zeigt Originalaufnahmen (sowohl solche aus ihren Filmen als auch solche, die hinter der Kamera entstanden sind) oder Varda in einem Stuhl am Strand sitzend und philosophierend. Die Künstlerin, die seit den 50ern unentwegt Dokumentar- und Spielfilme produzierte und scheinbar jeden kreativen Querkopf dieser Zeit kannte, lädt dazu ein, ihren Gedanken zu folgen – nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe. Und dabei auch noch derart charmant und humorvoll, dass das klischeehafte Bild vom verkopften Kunstsnob schnell Risse bekommt.
Denn im Mittelpunkt stand und steht für Varda immer der Mensch – diesen Aspekt wird die Dame nicht müde zu betonen. Das gilt sowohl für die Subjekte ihrer Beobachtungen als auch für die Verbreitung ihrer Kunst: Varda wollte Menschen erreichen, ihre Werke mit ihnen teilen, sie dazu anregen, selbst kreativ zu werden, um nicht nur auf Fragen zu antworten, sondern sich selbst Lösungen zu erarbeiten. Ihr gelingt es deshalb, den Zuschauer von Anfang an in ihren Bann zu ziehen und ihn warmen Worten und offenen Armen willkommen zu heißen.
Um dem Schaffen von Agnès Varda gerecht zu werden, bricht der Film überdies regelmäßig mit der klassischen dokumentarischen Form. Da spricht Varda etwa mehrmals durch die vierte Wand direkt zum Zuschauer, die Montage stiftet ein ums andere Mal Verwirrung, passt sich der Erzählung an, und überhaupt vereint Varda par Agnès derart viele verschiedene Formen, Ansätze und Stile, dass sich niemals Monotonie einstellt. Wer mit dem Schaffen der Künstlerin bisher nicht vertraut war, dem werden sich hiernach die Augen öffnen, welch kreative Schätze noch da draußen schlummern. Alle anderen werden ohnehin schon sehnlichst auf dieses außergewöhnliche Werk warten.
Varda par Agnès läuft ab dem 6. Februar in den deutschen Kinos.
Bild: © Film Kino Text
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