Weathering with You

Tenki no ko, Makoto Shinkai, JPN 2019 – Was kann nach einem nahezu perfekten, erzählerisch wie visuell überragenden Werk wie Your Name noch kommen? Es war eine Aufgabe, an der Anime-Regisseur Makoto Shinkai wohl nur scheitern konnte. Und so ist es wenig überraschend, dass sein neuer Film zwar immer noch gut, in Summe aber doch eine kleine bis mittelgroße Enttäuschung ist – und überdies eine fragwürdige klimapolitische Botschaft beinhaltet.
Im Zentrum von Weathering with You steht Hodaka, der soeben aus seiner Heimat – einer kleinen japanischen Insel – ausgebüxt ist, um sein Glück in Tokio zu finden. Doch es scheint, als ob ihn das Pech verfolgt: Kaum angekommen, hört es einfach nicht mehr auf zu regnen. Und so fällt der eigentlich so schöne Sommer in der Hauptstadt ins wortwörtliche Wasser. Einen Hoffnungsschimmer bildet die Begegnung mit Hina: Wie sich herausstellt, scheint das junge Mädchen über übernatürliche Kräfte zu verfügen und das Wetter beeinflussen und den Regen für eine Kurze vertreiben zu können. Als leibhaftige Verkörperung der alten Volkslegende vom Sonnenscheinmädchen zieht Hina zusammen mit Hodaka und ihrem Bruder Nagisa fortan ein kleines Geschäft auf: Sie lässt sich für Veranstaltungen oder Ausflüge buchen, um für einige Minuten etwas Licht in den verregneten Alltag der Tokioter zu bringen.

Wer Your Name kennt (alle anderen sollten dies dringend ändern), der kann bereits erahnen, was ihn bei Weathering with You erwartet: Eine liebevoll erzählte, fantasievolle Geschichte und eine optische Aufmachung, die einem ob ihrer Schönheit zuweilen die Schuhe auszieht. Leider können beide Aspekte nicht an die Qualität des Vorgängerwerks, mit dem sich dieser Film einfach messen muss, anschließen. Visuell dominiert vor allem das triste Stadtbild Tokios, viel zu selten wird der Blick respektive die Kamera tatsächlich gen Himmel gerichtet. Nichtsdestotrotz ist der Artstyle unantastbar – und wenn es dann mal effekt- und/oder fantasievoller wird, kann Weathering with You auch wieder begeistern. Nur passiert das viel zu selten.
Ähnliches gilt für die Handlung beziehungsweise für die sie bestimmenden Charaktere. Die wachsen einem zwar schlagartig ans Herz und bilden ein Ensemble, dessen Zusammenspiel vor allem im Finale zur Geltung kommt. Auch hier gilt aber: Bis zum letzten Viertel weiß der Film kaum zu überraschen und hat stellenweise sogar mit Längen zu kämpfen. Das Mysterium, das Your Name so einnehmend machte, wird bei Weathering with You nur stiefmütterlich behandelt, dümpelt im Hintergrund vor sich hin. Eine stärkere Präsenz hätte für deutlich mehr Spannung gesorgt. Die bleibt der Film seinem Publikum schuldig.
Was genau Makoto Shinkai mit diesem Film ausdrücken will, bleibt ebenfalls schleierhaft. Bedenklich ist, dass die Aussage einer nur kurz auftauchenden, aber mit viel Autorität ausgestatteten Figur, die Menschen würden sich überschätzen, wenn sie glaubten, das Wetter zu beeinflussen, widerspruchslos stehen gelassen wird. So umgibt Weathering with You der unangenehme Beigeschmack, den menschengemachten Klimawandel zu leugnen. Nun sollte man diesen einen Moment freilich nicht überinterpretieren. Doch auch der Schlussakt legt nahe, dass sich die Gesellschaft eher mit den katastrophalen Folgen von Wetterextremen abfinden sollte, anstatt entschieden dagegen vorzugehen. Zumal auch die alles andere als altruistische, vielmehr egozentrische Motivation des Protagonisten in einen unreflektierten, positiven Rahmen gesetzt wird.
Und so bleibt am Ende der Eindruck, dass Shinkai mit Your Name sein Potential ausgeschöpft haben könnte. Weathering with You ist noch immer ein guter Film. Doch gerade im direkten Vergleich mit dem grandiosen Vorgänger bleibt eine auch nur ansatzweise so große Zufriedenheit aus.
Bild & Trailer: © Universum Film
Meiner Meinung nach war der Film auch mit zu vielen Themen gleichzeitig überfrachtet und konnte sich daher nicht auf den Kern der Geschichte konzentrieren. Aber visuell schon sehr gelungen.
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