Weißer Gott (2014)

Fehér isten, Kornél Mundruczó, HUN/DEU/SWE 2014 – Die ungarische Produktion Weißer Gott fährt schon in den ersten Minuten eine Sequenz auf, bei der man sich unweigerlich fragt: Wie zum Teufel haben die das gemacht? Ein Mädchen radelt da durch die leeren Straßen von Budapest, als sich eine Meute von Hunderten Hunden von hinten nähert. Sie stürmen in ihre Richtung, hecheln, rasend, und an ihr vorbei. Keines der Tiere stammt aus dem Computer, alle sind echt. Dann: Zeitsprung, mehrere Wochen zurück in die Vergangenheit.
Lili (Zsófia Psotta) heißt das Mädchen, und ihre Eltern haben sich kürzlich getrennt. Während ihre Mutter mit dem neuen Freund eine Weile beruflich ins Ausland muss, zieht Lili zu ihrem Vater, ehemals ein Professor, nun angestellt in einem Schlachthof und sichtlich enttäuscht vom Leben und von der Liebe. Lili hat einen Hund, ein Mischling namens Hagen. Und der scheint nirgendwo in diesem Land willkommen zu sein. Weder Lilis Vater noch die Nachbarn wollen ihn im Haus. Als sie ihn mit in die Musikschule nimmt, wird sie hinausgeworfen. Als sie wiederholt mit Hagen ausbüxt, setzt ihr Vater das Tier auf der Straße auf. Für Hagen beginnt eine Odyssee durch eine Stadt, in der ihn jeder zu hassen scheint. Und Lili sucht verzweifelt nach ihrem besten Freund.
Der Coming-of-Age-Plot rund um Lili erweist sich als größte Schwäche von Weißer Gott, klappert dieser Teil der Geschichte doch ganz brav bekannte und recht klischeehafte Stationen ab. Die andere Hälfte des Films überzeugt dafür umso mehr: Hagens Reise und sein Kampf ums Überleben kommen fast völlig ohne gesprochene Sprache aus, führen ihn zu einer Gruppe Streuner, in die blutigen Hände eines Hundekampftrainers und schließlich in ein Tierheim, wo es irgendwann zum Aufstand kommt. Mit hochpräzisen Einstellungen gelingt es dem Film, den Hunden mehr Charakter zu verleihen, als es vielen Hollywood-Produktionen mit ihren menschlichen Protagonisten gelingt. Man fiebert mit, ist schockiert, hofft auf einen guten Ausgang. Und wird deshalb umso härter von den wenigen, aber pointierten Wendungen getroffen.
Auch ohne große geistige Anstrengung erschließt sich schnell, dass Weißer Gott eine Allegorie auf Rassismus und Hass gegen alles jenseits der Norm sein will – Grüße gehen raus an Viktor Orbán. Nun ist es in der Regel schwierig, solche Botschaften zu vermitteln, wenn man dazu tatsächlich unterschiedliche Rassen (in diesem Fall: Menschen und Hunde) nutzt. An dieser Stelle ist dafür umso der Zuschauer gefragt, über diese konkreten biologischen Faktoren hinwegzublicken und das Metaphorische zu akzeptieren. Belohnt wird man im letzten Drittel mit zahlreichen Hundemassenszenen (rund 280 Tiere waren am Dreh beteiligt), die man so noch nicht gesehen hat.
Bild: © Delphi Filmverleih
Wo hast Du den denn gesehen? Als ich den vor ein paar Jahren sehen wollte, konnte ich ihn nirgendwo finden. Angeblich soll er hier auch unter Underdog laufen, aber da hab ich ihn auch nicht finden können und auch jetzt auf die Schnelle nicht (was durchaus an mir liegen kann).
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Der lief vor einigen Wochen bei arte, ich hab ihn aufgenommen.
Ja, leider wirklich schwer, an den ranzukommen. Mich hatten die Hundeszenen aus dem Trailer schon zur Veröffentlichung gekickt, aber danach war der nirgendwo zu holen.
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Argh, Mist. Lohnt sich manchmal doch, das Fernsehprogramm im Auge zu haben…
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Dann mache ich an dieser Stelle mal ganz schamlos Werbung und empfehle die wöchentliche TV-Schau auf Kino-Zeit. Die Kollegin gibt sich immer große Mühe, die Film-Highlights im Fernsehprogramm rauszusuchen 😉
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Werbung angekommen!
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