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Greenland (2020)

Ric Roman Waugh, USA 2020 – Die Welt geht unter – und Gerard Butler muss sie wieder einmal retten, oder? So wie bereits vor einigen Jahren in diesem fürchterlichen Apokalypse-Trash Geostorm? Wer das beim ersten Blick auf Greenland vermutet, wird vom Film eines Besseren belehrt. Der ist nämlich keine klassische Weltuntergangs-Heldengeschichte rund um einen Wissenschaftler oder Soldaten, der das Schicksal der Menschheit allein in Händen hält. Sondern ein Familiendrama im Angesicht des Unvermeidlichen.

Jenes Unvermeidliche hat die Form eines Kometen. Der fliegt eines Sommers überaus nah an der Erde vorbei, sorgt am Himmel für wunderschöne Farbenspiele – und schon bald für Chaos. Entgegen aller Prognosen lösen sich einzelne Gesteinsbrocken von dem Himmelskörper. Der erste schlägt in Florida ein und löscht den Bundesstaat in einem Wimpernschlag aus. Weitere Einschläge folgen. Und in wenigen Tagen, so die neuen Berechnungen, werde auch der Rest des Kometen zu Boden stürzen und alles Leben auf der Erdoberfläche vernichten. Keine Chance auf Rettung.

Greenland © Tobis Film

Wo sich die meisten Blockbuster mit ähnlichem Sujet auf einen (über-)kompetenten Protagonisten – einen Forscher, ein Staatsoberhaupt oder einen Rettungssanitäter – konzentrieren oder zumindest relevante Nebenfiguren mit diesen Fähigkeiten einführen, bleibt Greenland von Beginn an ganz beim Architekten John Garrity (Gerard Butler) und seiner Familie, bestehend aus dem Asthma-kranken Sohn Nathan (Roger Dale Floyd) und Ehefrau Allison (Morena Baccarin). Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist harmonisch, während es mit der Gattin kriselt: Beide stehen kurz vor der Trennung. Dann kommt der Komet dazwischen – und weil John mitsamt Frau und Kind von der Regierung für ein Schutzprogramm ausgewählt wird, gibt es für die drei sogar Hoffnung auf Überleben in einem unterirdischen Bunker. Ganz so einfach gestalten sich der Weg zum Militärflugplatz, zu dem sie sich begeben sollen, sowie die Ereignisse vor Ort dann aber doch nicht. Die drei werden schließlich getrennt.

Dass Greenland die erwähnte Stoßrichtung hin zum Familiendrama wählt, dürfte Regisseur Ric Roman Waugh sehr entgegengekommen sein. Schon in seiner psychologischen Knast-Potrait Shot Caller und sogar in Angel has Fallen konzentrierte sich der Mann verstärkt auf die Schwierigkeiten der familiären Dynamik, mit denen die Protagonisten angesichts ihrer Ausnahmesituation konfrontiert wurden. Das funktioniert auch in Greenland sehr gut: Zwar handelt es sich um eine weiße Familie aus sehr privilegierten Verhältnissen (ergo: nur vermeintliche Durchschnittsbürger, insbesondere im Hinblick auf die globalen Ausmaße der Katastrophe), doch Werdegang und Entwicklung der Garritys sind nachvollzieh- und greifbar gezeichnet. Vor allem im Zuge der Trennung entwickelt der Film hohes Spannungspotential, und die Extremsituationen, in die die drei geraten, gehen nicht spurlos an ihnen vorbei.

So entwickelt sich Greenland innerhalb seiner zwei Stunden zu einer Geschichte über individuelles Handeln und moralische Integrität in Ausnahmesituationen, über die Wichtigkeit familiärer Bindung und Geborgenheit – wenn auch nicht in solchen Ausmaßen, dass man sich hier ernsthaft neue Erkenntnisse erhoffen sollte. Zumal auch Hauptdarsteller Butler eher zweckmäßig spielt. Der später auftretende Scott Glenn etwa spielt ihn innerhalb seiner 15 Minuten Screentime völlig an die Wand. Die Katastrophenfilm-Formel erfindet Greenland ebenfalls nicht neu: Die technische Umsetzung schwankt zwischen solide und gut; die Blicke auf die Menschen, denen die Garritys begegnen, und auf ihre unterschiedlichen Bewältigungsstrategien im Zuge des drohenden Weltuntergangs erweisen sich als interessant, aber letztlich blutleer. Dennoch: Greenland unterhält, weiß Spannung aufzubauen und die familiäre Dynamik gekonnt einzufangen. Und: Er verkauft sein Publikum – im Gegensatz zu so vielen anderen Genre-Vertretern – nicht für dumm.

Greenland läuft ab dem 22. Oktober im Kino.

Bilder & Trailer: © Tobis Film

One thought on “Greenland (2020) Hinterlasse einen Kommentar

  1. Das ist wirklich ein toller Film gewesen, der mich sehr positiv überrascht hat. Der Trailer sieht eher nach 90er Action-Bombast aus, der eigentliche Film ist viel besser. Ich kann den auch nur wärmstens empfehlen

    Gefällt 1 Person

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