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Waiting for the Barbarians (2019)

Ciro Guerra, ITA/USA 2019 – Am Rande des Britischen Empire, an einem entlegenen Ort, den man bis auf „Irgendwo in Asien“ nicht näher eingrenzen kann, liegt eine kleine, festungsartige Stadt, die von eine genügsamen Magistrat (Mark Rylance) gehalten wird. Der will dort die letzten Tage seines Lebens einfach nur in Ruhe und Frieden absitzen. Das Leben ist nicht leicht, aber harmonisch, das Wetter ist trocken, aber sonnig. Und das Verhältnis mit den dort lebenden Nomaden harsch, aber noch immer friedlich. Das ändert sich, als ein Colonel (Johnny Depp) aus der Hauptstadt des Empire anreist. Der will die Lage vor Ort nach eigener Aussage nur untersuchen, foltert und tötet jedoch mehrere Einheimisch, und bringt sie damit zunehmend gegen sich auf. Er sucht den Konflikt, den Krieg, faselt fortwährend von den „Barbaren“, die da draußen lauern würden. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Waiting for the Barbarians, das neue Werk von Ciro Guerra (Birds of Passage), ist ein Film, der viele wichtige Zutaten mitbringt. Da wären zum Ersten die starken Schauspieler: Depp darf mal wieder mehr als nur herum-clownen, am Ende kann auch noch, wie zuletzt so oft, Robert Pattinson glänzen, und Rylance ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Zum Zweiten die Atmosphäre, die sich aus einem fantastischen Setdesign, der sanften Musik und teils markerschütternden, aber nie voyeuristischen Gewaltdarstellungen speist. Und zum Dritten die großartigen Bilder, die wie schon in Birds of Passage vorrangig aus weiten Panoramaaufnahmen bestehen, die diesem Film eine selten gesehene visuelle Eleganz verleihen.

Gleichwohl darf man nicht mit einer, im konventionellen Sinne, befriedigenden Dramaturgie rechnen. Waiting for the Barbarians übt sich in vornehmer Zurückhaltung, überlässt viele Phasen der charakterlichen Entwicklung seines Protagonisten der Interpretation des Zuschauers – und endet abrupt, aber am exakt richtigen Punkt. Sein Fokus liegt nicht auf der Zurschaustellung von Konflikten zwischen Einheimischen und englischen Eindringlingen, vielmehr will er jene westliche Hybris und Kriegslust entblößen, die für unfassbares Leid infolge jahrhundertelanger Kolonialisierungsprozesse gesorgt haben. Immer wieder drängt sich dabei die Frage auf, wer die wahren Barbaren sind: Diese unsichtbare, ominöse Gefahr hinter den Bergen? Oder die eiskalte Skrupellosigkeit, die sich hinter der Fratze der Zivilisation versteckt? Die Antwort fällt eindeutig aus.

imdb / Trailer

Bild: © Constantin Film

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