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Mank (2020)

David Fincher, USA 2020 – Es ist schon paradox: David Fincher, einer der stilistisch und erzählerisch versiertesten Regisseure des 21. Jahrhunderts, verabschiedet sich nach Gone Girl (2014) von der großen Leinwand, wechselt zu Netflix, produziert dort Polit-Thriller- (House of Cards) und experimentelle, animierte SciFi-Serien (Love, Death & Robots) – nur um nach sechs Jahren mit einem neuen Film exklusiv für eben jenen Streaming-Dienst zurückzukehren, in dem er das goldene Zeitalter Hollywoods zelebriert. Wird das Kino also jetzt doch von Netflix gerettet? Nun ja, leider nicht, zumindest wenn man auf die filmischen Qualitäten Mank blickt, der mich sehr zwiegespalten zurückließ.

In dem Drehbuch von Finchers Vater steht der Dramaturg Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman) im Mittelpunkt – und seine Bemühen, im Auftrag von Orson Welles das Drehbuch zu Citizen Kane zu verfassen, der 1941 zu einem Meilenstein des Mediums Film werden sollte. Dazu bedient sich Mank sowohl einer ähnlichen Ästhetik als auch einer ähnlichen Erzählstruktur: Mankiewicz quartiert sich – nach einem Unfall ans Bett gefesselt – für einige Tage in einem Landhaus ein, um dort seine Arbeit zu beginnen, während wir in Rückblenden über seinen Werdegang und seine Einflüsse aufgeklärt werden.

Das geschieht – entgegen des Vorbilds – jedoch nicht in einer multiperspektivischen Erzählweise, sondern ist komplett an diesen einen Protagonisten geknüpft, der durch Hollywood-Studios und -Sets flaniert, sich mit den dortigen Bossen anlegt, mit dem Medienmogul William Randolph Hearst (Charles Dance) in Kontakt kommt (der bekanntlich zur Hauptinspiration für Citizen Kane wurde), Probleme mit seiner Frau ausbadet, mit einem Starlett (Amanda Seyfried als Marion Davies) anbandelt und zum zynischen Beobachter lokalpolitischer Machtspielchen wird. Immer besoffen oder zumindest angetrunken – Mankiewicz war starker Alkoholiker.

Daraus entspinnen sich unzählige schnelle, ja geradezu hektisch Dialoge, die in ihrem Stil und ihrer Informationsdichte an Aaron Sorkin erinnern, ohne jedoch jemals dessen Coolness, Finesse und Pointiertheit zu erreichen, die sich stattdessen in viel zu viel Drumherum verlieren. Manchmal sorgt das für einige richtig gelungene Momente, überwiegend ist man jedoch einfach nur damit beschäftigt, Mankiewicz in seinen Ausführungen hinterherzuhecheln und dabei nicht außer Atem zu geraten. Wer nur eine rudimentäre oder gar keine Ahnung von den damaligen Verhältnissen in der US-amerikanischen Gesellschaft und vor allem den medialen Strukturen, insbesondere in Hollywood, hat, steht hier schnell auf verlorenem Posten.

Ästhetisch hingegen brilliert Mank: Er sieht modern aus, zollt seinen Vorbildern aber visuell wie auditiv Tribut, allem voran natürlich durch das Schwarzweiß, aber auch durch den in den Dialogen stets wahrnehmbaren Studiohall. Sets und Kostüme sind mit viel Liebe zum Detail drapiert. Und schauspielerisch holt Gary Oldman hier in der Tat alles aus seiner Rolle heraus.

Aber: Hinter all dem Pomp, all der Detailversessenheit, all der Präzision steht letztlich ein seltsam inhaltsleerer Film. Einer, der sich zwar in einer zynischen Kommentierung der damaligen (und auch heutigen) Verhältnisse übt, der dabei aber viel zu flatterhaft und unfokussiert wirkt. Der beim Spagat zwischen period piece und postmoderner Meta-Erzählung die Beine zu weit auseinander streckt und sich eine böse Muskelzerrung holt. Der ganz viele Themen so ein bisschen anreißt, aber keines auserzählt. In dem zwar sehr, sehr, sehr viel geredet wird, der letztlich aber wenig zu sagen hat.

Bild & Trailer: © Netflix

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