A Sun (2019)

Yángguāng Pǔzhào, Chung Mong-hong, TWN 2019 – Am Anfang steht eine Bluttat. A-ho, der jüngste Sohn einer vierköpfigen Familie, begibt sich mit seinem besten Freund, „Rettich“ genannt, in ein Restaurant. Rettich zückt eine Machete, schlägt einem jungen Gast die Hand ab. Beide fliehen vom Tatort, landen vor Gericht. A-ho zeigt Reue, Rettich nicht. Beide landen im Gefängnis. A-hos Vater, ein Fahrlehrer, stürzt sich daraufhin umso mehr in seine Zuneigung zu seinem ältesten Sohn A-hao, der bald ein Medizinstudium beginnen soll und auf dem alle Hoffnung der Familie lastet – dem jedoch ein schweres Schicksal bevorsteht. Seine Mutter wiederum versucht, die familiäre Bande noch irgendwie aufrechtzuerhalten. Und A-ho selbst muss sich im Gefängnis beweisen. Doch das wirkliche Drama steht der Familie noch bevor…
Die taiwanesische Produktion A Sun erzählt eine Tragödie von epischen Ausmaßen klassischer griechischer Machart – nicht nur was die Laufzeit von zweieinhalb Stunden betrifft -, findet allerdings im kleinen, intimen Rahmen statt. Weit über den Tellerrand der Familie und der Menschen, mit denen sie infolge der anfänglichen Bluttat unmittelbar zu tun haben, schaut der Film nicht hinaus, und so gelingt es ihm, eine ganz eigene, faszinierende Nähe zu den Protagonisten aufzubauen. A Sun mag dabei die ein oder andere Länge haben, doch weiß regelmäßig durch glaubwürdige Wendungen zu überraschen und durch tonale Wechsel in der Erzählstimmung das Interesse auf hohem Niveau zu halten: So dominieren zwar Momente der Tragik, doch immer wieder schimmern Lebensmut und Hoffnung hindurch, die dem komplexen Dasein der Figuren, ihren Konflikten, ihrem Beziehungsgeflecht neue Facetten abringen.
Gerade dieses Changieren zwischen Tragödie und lichten Momenten ist es, mit dem A Sun das Leben in seiner Vielfältigkeit und Ambilvenz abbilden will. Dieser Film erzählt von gesellschaftlichen Erwartungen, Rollenbildern, Hoffnung, Verantwortung, enttäuschten Erwartungen, Familie, Konsequenzen – und lässt die Frage, ob nun das Schicksal oder wir selbst unseren Lebensweg bestimmen, letztlich offen. Und das hinterlässt Eindruck. Nicht nur aufgrund der poetischen Bildsprache.
Bild: © Netflix / 3 Ng Film
Der hat mir auch sehr gefallen. 👍 Wurde ja von Taiwan für die Oscars eingereicht, mal sehen, wie weit er kommt.
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Rechne ihm durchaus Chancen zu, kenne aber auch die anderen nominierten nicht…
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Ich kenne auch noch nicht so viele nichtenglischsprachige Filme in dieser Saison, aber Dänemarks „Another Round“ ist wohl derzeit der Favorit.
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