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Ein Abstecher zum Online-Kurzfilmfestival „Shorts at Moonlight“

Theater zu, Konzertsäle zu und vor allem: Kinos zu. Vor allem Letzteres schmerzt – auch wenn es nötig ist – persönlich sehr und sorgt seit Monaten nicht nur für Existenzängste bei Kinobetreibern, sondern hat auch Filmfestivalbetreiber in die Bredouille gebracht. Vor rund einem Jahr habe ich bereits einmal aufgeschrieben, welche Relevanz eben jene Filmfestivals für Kinobranche und Filmkultur haben – auch wenn ich zugegebenermaßen kein großer FF-Gänger bin. Allerdings: Not macht kreativ, und so sind diverse Festivals in den vergangenen Monaten auf eine digitale Variante ausgewichen. Das nimmt dem Ganzen zwar sein Flair, die Nähe, die Begegnung mit Gleichgesinnten, den persönlichen Austausch, hat aber den Vorteil, dass man die dort gezeigten Filme auch ganz standortunabhängig von zu Hause aus genießen kann.

Eine der Veranstaltungen, die ebenfalls den digitalen Weg geht, ist „Shorts at Moonlight“. Das nach eigenem Bekunden größte Kurzfilmfestival Deutschlands fand bereits in seiner Sommer-Edition online statt – und tat dies nun auch im Dezember zur Winter-Ausgabe. Zumindest für Kurzfilm-affine Menschen – und die ganz besonders – lohnt sich definitiv ein Blick in die fünf Programme mit einer Laufzeit von je eineinhalb bis zwei Stunden (je drei bis vier Filme). Denn, noch so ein Vorteil des Digitalen: Die Programme sind auch nach dem „offiziellen“ Abschluss des Festivals verfügbar, in diesem Fall konkret bis zum 31. Januar. Das Komplettprogramm kostet schmale 20 Euro. Aus Gründen sei der Transparenz sei gesagt, dass ich vom Veranstalter einen kostenfreien Zugang erhalten habe. Nun aber zum Eingemachten – was lohnt sich, und was nicht?

Trailer sam Winter 13_11 from Gudrun Winter on Vimeo.

Eine klare Empfehlung kann ich bereits für das erste Programm aussprechen, das gleich eine ganze Trilogie – die Szabo&Fitzthum-Trilogie – beinhaltet. Regisseur Albert Meisl spielt darin einen exzentrischen, narzisstischen Musik-Doktoranten, der vor lauter Begeisterung für sein Fachgebiet sein Leben mal so gar nicht auf die Reihe bekommt. Die Wohnung ist ein absolutes Chaos (allein das ist schon sehenswert), und als eines Tages sein Nachfolger im Posten des Assistenten des Musikprofessors auftaucht, um ein ausgeliehenes Dokument einzufordern, nimmt der Wahnsinn seinen Lauf. In drei Akten gerät das Duo in allerhand absurde Lagen (so brechen sie unter anderem in eine Kleiderspendensammlung ein), was mit viel Situationskomik einhergeht. Sympathisch und sehenswert – auch wenn man sich wohl etwas an den österreichischen Akzent gewöhnen muss.

Aus Programm zwei sticht vor allem visuell die Kurzdoku Ins Holz heraus, die eine Gruppe Schweizer Holzfäller bei der Arbeit beobachtet. Zugleich findet sich hier das beste Werk des gesamten Programms: In Zu dir? wird der (vermeintlich) typischen, titelgebenden Frage nach dem Clubbesuch mit einem alles überraschenden „Du zu mir, ich zu dir?“ begegnet. Ein interessantes Gedankenexperiment mit Blick auf den Beginn einer Beziehung, das sich da entspinnt. In eine ähnliche Richtung zielt auch 13 Stufen, der die einzelnen emotionalen Abschnitte einer jeden Romanze aufs Korn nehmen will – dabei aber vor allem dröge Klischees bedient und es versäumt, die Sache mit schärferem Humor anzugehen.

Auch Programm drei hat einen schwachen und zwei okaye Beiträge zu bieten – schließt jedoch mit dem herrlichen I am Bob ab, in dem Bob Geldof (höchstpersönlich als er selbst) an einer Absteige im Nirgendwo stehengelassen wird. Und natürlich findet dort ausgerechnet ein Promi-Double-Wettbewerb statt, bei dem Geldof nun antreten muss, um an das Geld fürs Taxi nach Hause zu bekommen. Derartige Späße könnten gerne mehr Stars mitmachen.

Programm Nummer vier eröffnet mit Bende Sira, einer kurzweiligen, herzerwärmenden Liebeserklärung ans Kino, das das Publikum ganz bewusst vor eine Sprachbarriere setzt, aber derart universell ist, dass er auch ohne Untertitel funktioniert. Ebenfalls empfehlenswert aus diesem Programm: die experimentelle Impro-Produktion Antje und wir sowie Süße Seeluft, eine Feelgood-Geschichte mit einem klassisch diametral entgegengesetzten Protagonisten-Duo. Hier ein Seemann im Rentenalter, da ein junger Tunichtgut, der sich um ihn kümmern soll. Und natürlich lernen sich beide, trotz oder gerade wegen ihrer rauen Sprache, allmählich kennen und schätzen. Eine Geschichte über das Leben und die Liebe. Geht an Herz.

Grande Finale. Das fünfte Programm wartet neben dem sympathischen Vincent über ein Kind, das die Aussagen seiner erwachsenen Vorbilder etwas zu wörtlich nimmt, und dem Lynch-artigen Leave Without Running mit dem längsten (55 Minuten) und zweitbesten Film des Festivals auf: In Couchmovie geht’s ums Couchsurfing – ein vierteiliges Mosaik verschiedener Schauplätze, an denen Menschen bei anderen übernachten (wollen). Ein Film über Gastfreundschaft und Gastgebahren, über Anziehung, Erotik und vor allem: Begegnung und die Annäherung unterschiedlicher Lebensentwürfe. Schön gefilmt, gut gespielt, kurzweilig.

Natürlich lebt so ein Festival von Ups und Downs im Programm. In Summe kann „Shorts at Moonlight“ in dieser Winteredition allerdings überzeugen, stehen hier doch drei Rohrkrepierer (Die Meinungsumfrage, 13 Stufen, Coming Out) einigen soliden sowie rund zehn sehenswerten bis sehr guten Filmen gegenüber. Hinzu kommen mehrere interessante Interviews mit einigen der verantwortlichen Regisseur*innen. Wessen Interesse nun geweckt ist, sollte einen Blick auf www.kurzfilmfestival.de werfen.

Beitragsbild: © Public Domain

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