Der Goldene Handschuh (2019)

Fatih Akin, DEU/FRA 2019 – Visueller Ekel ist dem cleanen deutschen Kino in der Regel fremd. Insofern ist (bzw. war zum Zeitpunkts seines Erscheinens) Fatih Akins Der Goldene Handschuh schon eine mittelgroße Ausnahmeerscheinung, wird hier das Leben und Töten des berühmt-berüchtigten Hamburger Frauenmörders Fritz Honka (Jonas Dassler) doch von seiner hässlichst möglichen Seite gezeigt. Honka ist ein äußerlich wie innerlich abstoßender, dauergeiler Mann, dem man den ständigen Suff sofort ansieht, dessen Wohnung ein einziges widerliches Chaos ist – nicht zu vergessen die Leichenteile hinter den Wänden. Das ist ästhetisch zumindest auf diese gewisse Autounfall-Ich-muss-hinsehen-Weise durchaus ein makabres Spektakel.
Doch unter all dem ekelerregenden Filz fehlt die Antwort auf eine entscheidende Frage: Welchen Mehrwert bietet Film? Weder ist Honka ein interessanter Charakter (Gott bewahre, das sollte dieser Abschaum auch keinesfalls sein) noch hat er als filmische Figur in irgendeiner anderen Art und Weise eine fesselnde Ausstrahlung wie etwa die Titelrolle in The House That Jack Built (der wiederum ganz ähnliche, aber auch andere Probleme hat). Und dass seine Vergangenheit im KZ keine Erwähnung findet, ist doch mindestens fragwürdig. Nein, Honka ist lediglich ein riesiger Haufen Elend und damit zwar ein gefundenes Fressen für voyeuristische Kameras. Ich persönlich könnte an so etwas jedoch nicht desinteressierter sein. Vielmehr muss sich der Film die Frage stellen lassen, ob er Fritz Honka durch die beinahe cartooneske Darstellung von Jonas Dassler nicht sogar zu einer seltsamen Kultfigur erhebt, an dessen Verwahrlosung man sich ergötzt.
Aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt wäre das noch etwas anderes gewesen. Dann hätte es möglicherweise sogar Spannung, Entwicklung, irgendeine Art von Dramaturgie gegeben, die diesem Film tatsächlich etwas Filmisches verliehen hätte. In dieser Form jedoch ist Der Goldene Handschuh ein reichlich banaler Streifen, dessen Hauptfigur aufgrund ihrer Extremheit nicht mal für sich beanspruchen kann, irgendwie repräsentativ für etwas Größeres zu stehen. Das mag womöglich für das Milieu gelten, in dem sich Fritz Honka bewegt und das hier gut eingefangen wird. Der Rest des Films jedoch ist allein dafür schlicht zu unerträglich.
Bild: © Warner Bros.
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Ich sehe das sehr ähnlich, wie ich in meiner Rezension auch ausgeführt habe. Eine kleine Anmerkung: Ich meine mich zu erinnern, dass Honka im Film zumindest in einem Nebensatz erwähnt, im KZ gewesen zu sein. Sicher bin ich mir allerdings nicht.
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Hab mir deinen Text auch mal zu Gemüte geführt – und finde vor allem den Punkt mit der Blondine, für die man hier im Gegensatz zu den anderen Opfern Mitleid empfinden soll, interessant und verständlich.
Bin mir jetzt, wo du das mit dem KZ sagst, auch nicht mehr sicher, ob er dass nicht kurz erwähnt. Da spricht ja aber dafür, dass es eigentlich nicht der Rede wert ist, obwohl das doch wohl ein nicht zu vernachlässigender Teil seiner Biografie war. Ihm dann wohl aber auch wieder sowas wie Empathie eingebracht hätte…
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Das Buch von Heinz Strunk ist im Grunde genauso banal wie der Film. Der Schreibstil ist schlicht, rauh, fast schon rotzig, fesselt aber zu keinem Zeitpunkt. Ich habe den Roman nach dem ersten Drittel weggelegt, weil der Inhalt so eintönig präsentiert wird.
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Gut zu wissen – dann bereue ich es nicht, den nicht gelesen zu haben.
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Danke für die Info, ich glaube, ich werde es dennoch mal versuchen. Interesse daran wurde durch den Film definitv geweckt bei mir.
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