Ride or Die (2021)

Ryūichi Hiroki, JPN 2021 – Netflix akquiriert weiterhin fleißig Filme aus dem ostasiatischen Raum für den europäischen Markt: Nach dem tollen A Sun (Taiwan) und den vergessenswerten Space Sweepers (Südkorea) steht nun Ride or Die des japanischen Regisseurs Ryūichi Hiroki ins Haus. Der beginnt vielversprechend: Eine junge rothaarige Frau schleppt in einer Bar einen verheirateten Geschäftsmann ab, schläft mit ihm – und bringt ihn während des Aktes brutal um.
Der nachfolgende Rückblick schlüsselt auf, was die Beweggründe dafür waren. Das soll an dieser Stelle nicht völlig vorweggenommen werden. Nur so viel: Die Rothaarige (Kiko Mizuhara) hört auf den Namen Rei und besuchte einst dieselbe Schule wie Nanae (Hono Ikoka), die Ehefrau des Toten. Beide verbindet also eine gemeinsame Vergangenheit, die sie nun erneut zusammenführt und dazu bewegt, nach der Bluttat gemeinsam die Flucht anzutreten. Per Auto, Moped, Zug und zu Fuß begeben sie sich auf einen Roadtrip ohne konkretes Ziel, nur mit der Absicht, der Polizei zu entkommen. Zumindest vorläufig. Und romantische Gefühle sind dabei auch noch im Spiel: Dass Rei lesbisch ist und Nanae liebt, diese Liebe aber nicht erwidert wird, nimmt vor allem in der zweiten Filmhälfte immer mehr Raum ein.
Das Ganze wird schnell zur Parabel auf das Leben an sich respektive zum Plädoyer dafür, nach vorn zu blicken und sich nicht in der Vergangenheit oder im Stillstand zu verlieren: Immer wenn die Frauen in Bewegung sind, lachen und scherzen sie, dann spricht die pure Lebensfreude aus ihnen. Verweilen sie, kommt es schnell zum Streit oder zu melancholischen Momenten, in denen die Schulzeit reflektiert wird.
Zumindest formal bringt Ride or Die die richtigen Zutaten dafür mit: Die Einstellungen sind lang, ruhig und von einer eleganten Erhabenheit getragen. Die Schauspielerinnen sind gut, teils fantastisch. Und die exquisite Songauswahl sorgt für einen Soundtrack zum Dahinschmelzen.
Nur leider nützt die famose Ästhetik und damit die Art und Weise, wie die Frauen etwas sagen, in diesem Fall herzlich wenig, wenn das, was sie sagen, direkt aus den Groschenromanen in den weiß bemalten Aluminiumständern von Bahnhofsbuchhandlungen erinnert. Selbstmorddrohungen angesichts unerwiderter Liebe, plumpe Bekenntnisse dazu, dass die Familie dem Leben doch erst einen Sinn gebe, und Sätze wie „Ich habe nicht gemordet, um mit der Frau zu schlafen, die ich liebe, sondern ich liebe dich so sehr, dass ich für dich mordete“ bedienen alle Klischees, treiben einem regelmäßig die Fremdschampusteln ins Gesicht und strapazieren in Verbindung mit dem langsamen Erzähltempo auf 140 Minuten Länge gestreckt die Geduldsfäden doch arg.
Bild: (c) Netflix