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James Bond: Keine Zeit zu sterben (2021)

No Time to Die, Cary Joji Fukunaga, UK/USA 2021 – James Bond tritt in seinem 25. Abenteuer nicht nur zur Rettung der Welt, sondern auch zu der der Kinos an. Und während Ersteres ohnehin eine sichere Sache ist, sieht es angesichts des proppenvollen Saals, in dem ich vor einigen Tagen saß, auch für Letzteres ganz gut aus. Nebenher muss Keine Zeit zu sterben aber auch noch die Aufgabe bewältigen, seinem Hauptdarsteller Daniel Craig in dessen fünftem 007-Auftritt einen würdigen Abschluss zu bereiten. Und auch das gelingt ihm, allerdings mit Abstrichen.

Dabei standen die Vorzeichen (trotz aller Probleme bei der Produktion sowie Nachdrehs im Zuge der Corona-bedingten Verschiebung des Films) in der Theorie ganz gut. Nicht nur weil Cary Fukunaga (True Detective Staffel 1, Beasts of No Nation) auf dem Regiestuhl platznahm, sondern allein schon aufgrund der Zahlen. Craig-Bond Nummer 1 und 3 waren gut bis fantastisch, Nummer 2 und 4 eher so na ja, Nummer 5 müsste, dieser Logik folgend, nun also wieder in die positive Richtung ausschlagen. Tut er auch, nicht zuletzt deshalb, weil hier die Figur des alternden Agenten, der seinen Ruhestand nicht genießen kann, ständig von den Schatten der Vergangenheit verfolgt wird und damit auch die Menschen um sich herum in Gefahr bringt, konsequent weiterentwickelt wird.

Nach einem krachigen Einstieg, an dessen Ende sich Bond von seiner Geliebten (Léa Seydoux) trennt, weil er sie mit einem neuerlichen Anschlag durch Spectre auf sich in Verbindung bringt, springen wir fünf Jahre in die Zukunft. Aus einem englischen Labor wird eine scheinbar biologische Waffe gestohlen, und Bond – eigentlich seinen Lebensabend genießend – wird von der CIA gebeten, sich das mal anzuschauen. Bald zeigt sich, dass hier ein doppeltes Spiel gespielt wird und ein mysteriöser Mann (Rami Malek) zunächst Spectre auslöschen will, um anschließend mit dieser hochgefährlicher Waffe die Welt aus den Angeln zu heben. Weshalb Bond vom MI6 reaktiviert wird und zusammen mit seiner Nachfolgerin Nomi (Lashana Lynch) auf Mission geschickt wird.

Wo fängt man bei diesem mehr als zweieinhalbstündigen Mammutstreifen (für Bond-Verhältnisse jedenfalls) an? Vielleicht damit, dass Keine Zeit zu sterben eine sehr angenehmen Erzähldynamik im Wechsel aus temporeichen und langsamen Momenten entwickelt, weshalb diese Überlänge schnell vergessen ist. Gefolgt davon, dass die klassische Bond-/Agenten-Formel (eine Handvoll Schauplätze mit jeweils Plot-Entwicklung und Actionszenen, dazu ein paar Twists und Verrate) zwar nicht überrascht, aber souverän durchgezogen wird. Dann noch die gut inszenierte Action loben, den Mut zu mehr Emotionalität, die Craigs Bond noch greifbarer als bisher macht, die Darstell… Moment.

Hier liegt der für mich große Knackpunkt des Films: sein Antagonist. Es ist durchaus gewagt, dessen Gesicht erstmals nach einer Stunde zu zeigen und die direkte Konfrontation mit dem Helden erst nach zwei Stunden anzusetzen. Ändert allerdings nichts daran, dass Malek einen der ödesten Bond-Bösewicht aller Zeiten verkörpert. Der nächste affektierte, mit ganz viel Bedacht und dezentem Wahnsinn sprechende Superschurke mit dunkler Vergangenheit – nach vier Craig-Filmen, nach Javier Bardem und Christoph Waltz, ist das nun wirklich ausgelutscht, und Malek gelingt es einfach nicht, dem schauspielerisch die nötige Würze und Faszination zu verleihen. Dass er dann auch noch eine sehr plotrelevante, aber kaum nachvollziehbare Entführung verantwortlich zeichnet und auf unspektakulärst mögliche Weise abtritt, macht das nicht besser. Und das bei einer Reihe, die so sehr von ihren Antagonisten lebt!

Die Vernachlässigung dieser so wichtigen Figurenposition liegt daran, dass sich Keine Zeit zu sterben voll auf seinen Protagonisten fokussieren will. Das gelingt auch, geht aber eben zulasten der anderen Charaktere, auch beim MI6. Besonders schmerzlich trifft es dabei Bonds Nummern-Erbin, die jede ihrer Szenen bereichert, aber leider so gar keine handlungsrelevante Aufgabe bekommt, außer sich mit Craigs Charakter zu kabbeln. Potenzial verschenkt.

Der neue Bond weiß gut zu unterhalten, funktioniert als Verbeugung vor der Reihe und Abgesang auf die Figur des testosterongeladenen Spions ebenso wie als Genrefilm. Mit mehr Liebe und Aufmerksamkeit für die Figuren, die sich in Bonds Umfeld bewegen, hätte er allerdings auch begeistern können. Das hat Keine Zeit zu sterben dann leider doch nicht vollbracht.

Bild: (c) Universal

2 Kommentare zu „James Bond: Keine Zeit zu sterben (2021) Hinterlasse einen Kommentar

    • Genau so ordne ich ihn auch ein.
      Klar, die Idee mit dem „Virus“ ist cool, aber dadurch, dass der Antagonist ist lame ist, kommt auch das nicht wirklich zur Geltung…

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