Rot (2022)

Turning Red, Domee Shi, USA 2021 – Der nächste Pixar-Film, der nicht im Kino, sondern gleich auf Disney+ erscheint – einerseits eine Schande, dass diesem renommierten Animationsstudio nicht mehr die Leinwand gegönnt wird, andererseits aber auch verdammt bequem, dass man dessen Werke nun direkt per Abo für die Couch bekommt. Sei’s, wie’s sei: Rot ist gut. Sehr gut sogar. Um nicht zu sagen: fantastisch.
Und das, obwohl dieser Film – speziell für Pixar-Verhältnisse – geradezu konventionell daherkommt. Im Mittelpunkt steht die 13-jährige Mei Lee, eine aufgeweckte Schülerin mit chinesischen Wurzeln, die in Toronto lebt, wo ihre Familie einen Tempel (auch, aber nicht nur) als Touristenfalle betreibt, und vor allem damit beschäftigt ist, es ihrer Mutter in jeder Hinsicht rechtzumachen. Heimlich aber hängt Mei liebend gern mit ihren chaotischen Freundinnen ab, pflegt eine Vorliebe für eine ganz bestimmte Boyband, die bald nach Toronto kommt – und entdeckt ein wachsendes generelles Interesse an Jungs. Was der gestrengen Mutter allerdings so gar nicht gefällt.
Ach ja, und dann ist da ja auch noch dieser seltsame Fluch, der Mei eines Nachts befällt und sie fortan jedes Mal, wenn sie sehr starke Emotionen verspürt, in einen riesigen Roten Panda verwandelt, was zunächst für handfeste Panik bei Mei sorgt, bald aber auch seine Vorteile zeigt.
Eine Coming-of-Age-Story mit einer wenig subtilen Verwandlungsmetapher also, deren Farbcodierung keinesfalls willkürlich gewählt wurde – klingt nach guter, aber doch längst nicht so herausragender Pixar-Kost wie etwa Alles steht Kopf oder Soul, richtig? Mag sein, doch exakt diese Simplizität zeichnet Rot für mich aus. Denn so fantastisch die genannten Filme auch komplexe Denkkonstrukte aufgreifen und umsetzen, so sind sie letztlich doch auch ein wenig verkopft. Rot hingegen macht es sich und mir einfacher – und dabei in seinem Genre wenig neu. Das, was er macht, macht er dafür aber perfekt.
Das fängt bei der Qualität der Animationen an (das flauschigste Fell der Fell-Animationsgeschichte). Es geht weiter beim Tempo (Holla die Waldfee, stürmt dieser Film voran – nicht eine einzige langweilige Minute, und das ohne in Stress auszuarten) und bei den Figuren, die zwar reichlich stereotyp ausfallen, doch dabei so angenehm überzeichnet sind, dass sie wie eine liebevolle Persiflage auf eben jene Stereotype anmuten und damit nicht nur erträglich, sondern geradezu liebenswert werden. Und es mündet im hervorragenden Humor verbaler wie slapstickscher Natur, der mir von Anfang an ein Dauergrinsen beschert hat und mich zu diesem verrückten Ende hin immer lauter zum Lachen brachte.
Dass der obligatorische Tränendrückermoment weniger forciert als in Alles steht Kopf und Co. daherkommt, dass die Nähe zur Biografie der Regisseurin Domee Shi (Bao) so deutlich spürbar ist, dass Meis Probleme und Entwicklung absolut greifbar für mich sind und dass die Boyband-Thematik wunderbar ironisch gebrochenen wird, sodass die mutmaßlich unvermeidbare Fremdschämfalle umgangen wird – all das zahlt in die Güte dieses Films ein. Als letzter Bonuspunkt kommt meine irrationale Faszination/Liebe zum Roten Panda dazu. Ich hatte mit diesem Film schlicht die Zeit meines Lebens – und dafür gibt es die verdiente Höchstwertung.
Bild & Trailer: (c) Disney
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Wirklich überragend fand ich nur die visuellen Gags, besonders mit den Gesichtsanimationen. Genial wie bei ihrem Kurzfilm „Bao“
Aber sonst ist der Film doch echt anstrengend ab und zu und warum der Film im Jahr 2002 spielt, ist mir auch nicht klar geworden 😅
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