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Kritik: „The Death of Stalin“

The Death of Stalin (Armando Innucci, UK/FRA 2017)

Pechschwarze Satire über das Gerangel um die Nachfolge von Josef Stalin mit großartigem Cast.

Darf man sich über ein faschistisches Regime, das für den Tod von Millionen von Menschen verantwortlich ist, lustig machen? Natürlich – muss man vielleicht sogar. Möglicherweise ist eine solche Periode des Schreckens erst dann wirklich überwunden. Weshalb es auch nicht verwundert, dass The Death of Stalin in Russland verboten wurde.

 

 

 

Schließlich ist der Film ja eine Produktion aus dem bösen Westen, eine Parodie eines der düstersten Kapitel der russischen Geschichte. Besetzt mit hochkarätigen britischen und amerikanischen Schauspielern, die die Machtrangeleien nach dem Tod von Josef Stalin im Jahr 1953 auf amüsante Weise (und dennoch mit allem nötigen Ernst) verballhornen. Noch während der große Schnauzbarträger im Sterben liegt, werden bereits Komplotte und Intrigen geschmiedet. So richtig los geht es aber erst nach seinem Ableben.

The Death of Stalin verkommt dabei zu keiner Sekunde zur dumpfen Gag-Parade, sondern fordert dem Zuschauer zunächst mal wenigstens grundlegende Kenntnisse über die politische Lage der Sowjetunion nach dem zweiten Weltkrieg ab. Die Komik speist sich aus der absoluten Absurdität des Geschehens, ist höchst situativ: Groteske Platz-Rochaden während eines Begräbnisses, verzweifelte Versuche von Volksverbundenheit, politische Beschlüsse, die krampfhaft einstimmig ausfallen müssen.

Das alles ist unterlegt mit einer grau- bis pechschwarzen Note. Tatsächlich sterben in The Death of Stalin mehr Figuren als in einem konventionellen Actionfilm. Das Bedrohen, Erpressen, Missbrauchen und Ermorden unliebsamer Personen ist unter und nach Stalin politische Alltags-Praxis. Immer wieder wird das mit harmlosen bis unterhaltsamen Szenen zu einer grotesken Parallelmontage vermischt. Während an einer Stelle Menschen sterben, bricht an anderer Panik aus, nur weil eine Konzertaufnahme für den großen Führer wiederholt werden muss. Selten wurde derart deutlich, wie groß die Unterschiede zwischen dem Stalinismus und der Idee, aus der er geboren wurde, sind.

Doch obwohl The Death of Stalin – im Übrigen die Verfilmung einer Graphic Novel von Fabian Nury – mit diesem Konzept sehr gut fährt, fehlen zum einen echte Höhepunkt (sowohl dramaturgisch als auch humoristisch und inszenatorisch), zum anderen sorgt das große Figurenensemble gelegentlich für Desorientierung. Steve Buscemi, Jeffrey Tambor oder Simon Russel Beale machen allesamt einen großartigen Job – und Jason Isaacs ist schlicht der Wahnsinn. Bleibende Moment wollen sich aber nicht einstellen, obwohl das Potential da gewesen wäre.

Bis zum Finale. Für die letzten Minuten nämlich schlägt The Death of Stalin unvermittelt einen gänzlich anderen Ton an und dem Zuschauer mit voller Wucht in die Magengrube. Diese letzten Szenen sind die Definition von eindrücklich.

Fazit
The Death of Stalin
ist eine intelligente, niveauvolle und unterhaltsame Satire mit einem großartigen, aber auch überladenen Cast. Es fehlen jedoch die wirklich einprägsame Momente. Für Freunde guter Polit-Satire (also nicht der heute-Show) gibt’s eine ausdrückliche Empfehlung. Wer hingegen nur mal ablachen will, ist hier an der falschen Adresse.

Bilder & Trailer: (c) Gaumont

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