Gespielt: Thumper

by Drool (Brian Gibson & Marc Flury), USA 2016
Erinnert ihr euch noch an die Zeit, in der Musikspiele mit Plastikinstrumenten der ganz heiße Scheiß waren? Guitar Hero, Rock Band, DJ Hero und wie sie alle hießen: Das Konzept des Nachspielens bekannter Songs anhand einiger Noten mittels simpler Controller-Kommandos hatte sich einfach irgendwann abgenutzt. Die Idee, Interaktivität mit Musik und Rhythmus zu verknüpfen, ist nichtsdestotrotz gut. Dachten sich auch Brian Gibson und Marc Flury, ehemalige Mitarbeiter von Harmonix (Guitar Hero). Ihre Visionen haben in einem ebenso ungewöhnlichen wie einnehmenden Zwei-Mann-Projekt verwirklicht: Thumper.
Thumper ist eines jener Spiele, die das Credo „Leicht zu erlernen, schwer zu meistern“ perfekt umsetzen. In der Konsolenversion werden lediglich eine Taste sowie ein Joystick benötigt. Damit dirigiert man einen Käfer in rasender Geschwindigkeit entlang einer Schiene auf seiner Reise durch eine surreale Welt. Es gilt Noten zu treffen, sich in Kurven hineinzulegen, Hindernisse zu durchbrechen oder zu überfliegen. Und das alles im Takt zu schwerem Noise- und Industrial-Rock, der außerhalb dieses Spiels wohl unhörbar wäre. Für Nicht-Musiker für mich ist diese Klangkulisse schwer zu beschreiben, doch die Mischung aus krachenden Percussions, düsteren Synthesizer-Klängen und minimalen Melodieverläufen, das alles in einer sich selbst verstärkenden Endlosschleife, kreiert eine psychedelische Atmosphäre, die ihresgleichen sucht.
Das Art-Design trägt nicht minder dazu bei und beweist zugleich, dass es keine hochauflösenden Texturen braucht, sondern dass ein durchdachter, einzigartiger Stil vollkommen genügt. Der abstrakte, futuristische Look, die düstere Farbpalette, diese albtraumhaften Endbosse – und mittendrin der Spieler, der das alles mit Tönen und einer Kaskade von Lichteffekten erhellt. Anfangs mag das überfordern, doch die Lernkurve ist grandios. Schnell lernt man, das Spiel zu lesen, korrekt auf Hindernisse zu reagieren und nebenbei ein Gefühl für den variablen Takt zu entwickeln. Herausforderung und spielerisches Können gehen in den neun Kapiteln Hand in Hand. Deshalb dauert es nicht lang, bis Thumper einen unfassbar packenden Flow entwickelt.
Und obwohl das alles so abstrakt und minimalistisch anmutet, zeigt sich doch spätestens beim zweiten Spieldurchlauf, dass Thumper dem Spielen eines Musikinstruments wohl näher ist, als es Guitar Hero und Konsorten jemals waren. Denn Thumper bietet Raum für Improvisation und Perfektionierung. So kann man sich entweder schon vorab in eine Kurve legen – oder diese perfekt treffen, um mehr Punkte zu erzielen. Oder man überfliegt ein Hindernis und landet punktgenau auf der nächsten Note, um verlorene Gesundheit zu regenerieren. Selbst in dieser so puristischen Mechanik steckt also Tiefe.
Rund vier bis fünf Stunden dauert ein Durchgang. Mehr braucht es aber auch nicht, um eines der packendsten rhythmusbasierten Spielerlebnisse zu schaffen – und das Feuer für die Jagd nach dem nächsten Highscore zu entfachen.
Bild & Video: (c) Drool
Ich bin und war immer ein Fan von Guitar Hero. Wenn ich dich zu einem spannenden Battle herausfordere, dann wirst auch du merken, dass sich das Spielprinzip bei weitem noch nicht abgenutzt hat.
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Ich habe das damals auch wirklich gerne gespielt! Was ich mit „abgenutzt“ meinte, war vor allem, dass sie den späteren Teile keine neuen Mechaniken mehr hinzufügen konnten und dass irgendwann auch der kommerzielle Erfolg ausblieb.
Auf ein Battle verzichte ich aber – ich hätte wohl keine Chance 😅
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Aber wenn du mal in der schönsten Stadt der Welt sein solltest, dann gib ruhig Bescheid. Ich habe zwei Gitarren.
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