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The Devil all the Time (2020)

António Campos, USA 2020 – Der Titel gibt es bereits vor: Qualen und Sünden in dieser neuen Netflix-Produktion allgegenwärtig. The Devil all the Time, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Donald Ray Pollock, erzählt die Lebensgeschichte von Arvin (Michael Banks Repeta/Tom Holland) und beginnt dabei schon lange vor seiner Geburt. Den Auftakt bildet die Rückkehr seines Vaters von den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkrieges in ein kleines, verschlafenes Örtchen in Ohio. Er findet seine große Liebe, bekommt einen Sohn – doch das Schicksal der Familie ist ein tragisches.

Nicht viel anders ergeht es Lenora (Ever Eloise Landrum/Eliza Scanlen), sodass sie und Arvin schließlich als Waisen bei seiner Großmutter aufwachsen. Die Tragik ist aber noch lange nicht vorbei: Als die beiden am Ende ihrer Pubertät stecken, sorgt der neue, rhetorisch bewanderte Prediger im Ort (Robert Pattinson), der sich alles andere als gottesfürchtig gibt und seine Machtposition schamlos ausnutzt, dafür, dass die Ereignisse erst richtig ins Rollen kommen – und schlussendlich viel Blut fließt.

Ganz behutsam und geduldig baut The Devil all the Time ein komplexes Netz aus Figuren auf, deren Leben allesamt miteinander verknüpft sind, und das letztlich in einer Spirale der Gewalt in sich zusammenfällt. Die Handlungsstränge sind umfassend und konsequent, die Spannungsbögen groß und effektiv, die Schauspielleistungen allesamt mindestens toll (Pattinson sticht wie immer heraus – overactet allerdings auch ein Stück weit). Der Off-Kommentar des Buchautors verleiht der Geschichte eine ganz eigene Note, ist mal zynisch, mal in bester Stephen-King-Manier prophetisch. Und trotzdem bleibt am Ende die Frage, was The Devil all the Time eigentlich will.

Von einem ereignisreichen, entbehrungsreichen und von schweren Schicksalsschlägen geprägten Leben zu erzählen – natürlich. Und sicherlich auch die verschiedenen Ausprägungen religiösen Irr-Glaubens und Wahns zur Schau zu stellen, seine Placebo-hafte Wirkung zu entlarven und zu zeigen, dass die Hoffnung auf ein Wunder manchmal zu noch größerem Leid führt, als die Akzeptanz des Unausweichlichen. Sei es der Prediger, der seine Macht in der Gemeinde schamlos ausnutzt, der Vater, der seinem Herrn vergeblich seinen Hund opfert, um die todkranke Frau zu retten, oder der Fanatiker, der in einem Anfall von Hybris seine Gattin tötet, weil er mglaubt, sie wiederbeleben zu können: Das Bekenntnis zu beziehungsweise die Berufung auf eine höhere Macht ist in The Devil all the Time der Quell allen Übels. Nur wird dieser so fundamental nihilistischen Einstellung rein gar nichts Positives entgegengestellt. Hier gibt es keine Hoffnung, keinen Lichtschimmer; nur niederste Triebe und letztlich den Tod. Und das sorgt trotz aller Qualitäten dieses eindrucksvollen Films am Ende nur für eines: Ernüchterung.

Bild: © Netflix

7 Kommentare zu „The Devil all the Time (2020) Hinterlasse einen Kommentar

  1. Ich habe tatsächlich mal vor Ewigkeiten den Roman gelesen, kann mich da aber kaum noch an Einzelheiten erinnern. Um den Film schleiche ich recht vorsichtig herum, da der ja doch recht unterschiedlich aufgenommen wird.

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  2. Der Film wurde mir von Freunden empfohlen. Deine Kritik hat mich jetzt auf das emotionsgeladene Drama heiß gemacht. Ich werde ihn mir demnächst anschauen. Allein schon deshalb, weil er mich mit seiner Thematik ein wenig an „Them That Fellow“ erinnert.

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