Malcolm & Marie (2021)

Sam Levinson, USA 2021 – Der frischgebackene Filmemacher Malcolm (John David Washington) und Marie (Zendaya) sind seit fünf Jahren ein paar. Doch in ihrer Beziehung kriselt es gewaltig. Als beide am Abend der Filmpremiere von Malcolms erstem großen Werk nach Hause kommen, zeigt er sich völlig euphorisiert, ihr hingegen scheint eine Laus über die Leber gelaufen zu sein. Schnell wird die Ursache deutlich: Malcolm hat vergessen, Marie in seiner Dankesrede zu erwähnen. Und das obwohl der Film in großen Teilen auf ihrem Leben basiert. Es ist der Stein des Anstoßes für einen Streit, der die Risse in dieser Beziehung mehr als deutlich macht und spürbar vergrößert.

Nicht nur personell (zwei Personen) sondern auch visuell (in kernigem Schwarz-Weiß) reduziert kommt diese Netflix-Produktion aus der Feder und Regiehand von Sam Levinson (Assassination Nation) daher. Ein dialoglastiges Kammerspiel ist Malcolm & Marie geworden, das in seinen Gesprächen zahlreiche Themen anreißt: den Diskurs um und die Kritik von Filmen, Authentizität, künstlerischen Anspruch, biografische Prägungen, Wert und Wertschätzung, zwischenmenschliche Dankbarkeit und Bindungen, Kunst, Liebe, Leben. All diese Dinge sind letztlich Katalysatoren für eine kritische Auseinandersetzung der beiden Liebenden mit ihrer Beziehung.

Und man muss sagen: Das ist weder authentisch noch herausragend gut geschrieben. Ersterem Kritikpunkt kommt der Film bereits selbst entgegen, wenn er den Wert von Authentizität in menschlichen Erzählungen dem der künstlereigenen Interpretation von Realem entgegenstellt. (Überhaupt liegt hierin eine große Stärke des Films: Auch wenn es um schwierige Themen wie Rassismus oder Sexismus geht, gibt es keine klare Position, sondern – der konfliktreichen Dialogstruktur geschuldet – stets ein Pro und ein Contra, ein Abwägen der Argumente, wobei die finale Positionierung dem Publikum überlassen wird.) Letzteres fängt das formidable Schauspiel der zwei Darsteller*innen auf, insbesondere Zendaya liefert hier eine, mehr Subtilität sei Dank, grandiose, ja eigentlich Oscar-würdige Leistung ab.

Und was ist Malcolm & Marie letztlich nun? Allem voran ein ästhetisch und erzählerisch aus dem (Netflix-)Rahmen fallender Film, der einen Beziehungsstreit keinesfalls so zeigt, wie er in der Realität ablaufen würde. Der diese Prämisse stattdessen aber nutzt, um gesellschaftliche, zwischenmenschliche Probleme und Themen anzuschneiden und in einem ambivalenten Rahmen zu diskutieren.

Was man daraus mitnimmt, so behaupte ich, hängt maßgeblich, noch viel mehr als sonst, von der eigenen Perspektive und dem eigenen Erfahrungshorizont ab. Wer diesen Film durch die Augen eines/r Filmkritiker*in schaut, wird sich von Malcolms höchst amüsanten Rant über diesen Berufszweig womöglich angegriffen fühlen. Wer die Auseinandersetzung mit Rassismus und Sexismus im Vordergrund sieht, wird widersprüchliche bis schwierige Aspekte finden (allein schon der Tatsache geschuldet, dass hier ein weißer Mann das Drehbuch verfasste und Regie führte und seinem Schwarzen Protagonisten die Aussage in den Mund legt, bloß weil ein Filmemacher Schwarz sei, sei sein Film nicht automatisch politisch). Und wer einfach nur gutes Schauspiel und/oder eine stilsichere Inszenierung möchte, bekommt genau das, wenn auch alles reichlich artifiziell. Wer hingegen – wie ich – den erzählerischen Fokus bei den schwerwiegenden Problemen sieht, die sich im Laufe einer solch langjährigen Beziehung ganz automatisch auftun, dürfte den Mehrwert dieses Filmes daraus ziehen, mit wie viel kleinen und großen Wahrheiten beide, vor allem der männliche Part hier konfrontiert werden.

Bild & Trailer: © Netflix

Comments

5 Antworten zu „Malcolm & Marie (2021)”.

  1. Avatar von eccehomo42

    Der Rant von Malcolm ist das beste am Film. Gebe dir in vielen Punkten Recht, reißt viel an, aber fügt es nicht zum großen ganzen zusammen.

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    1. Avatar von christianneffe

      Muss er meines Erachtens auch nicht. Für mich ist das eher ein „Diskurs-Film“, um jetzt mal so ein künstliches Wort zu gebrauchen. Also einer, der so vielen Dingen seinen Senf abgeben und zur Reflexion anregen will, ohne dabei auf eine Pointe hinzuführen. Das kann man machen und hat hier auch weitestgehend funktioniert, wie ich finde

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      1. Avatar von eccehomo42

        Dann lass aber das Ende am nächsten morgen weg. Mir war das ein wenig zu wirr

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  2. Avatar von donpozuelo
    donpozuelo

    Ich bin echt gespannt. Der steht auch noch auf meiner Liste.

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