Land des Honigs (2019)

Medena zemja, Ljubomir Stefanov & Tamara Kotevska, MKD 2019Land des Honigs ist der dritte Dokumentarfilm, der bei den diesjährigen Oscars nominiert war und den ich gesehen habe. Und, so muss ich konstatieren, es ist der bisher beste. Nicht der wichtigste (Für Sama), nicht der informativste (American Factory), aber trotzdem der beste. Das liegt sowohl an seiner Inszenierung als auch an seinem Inhalt. Oder vielmehr der Kombination aus beidem.

Zunächst zu Letzterem: Land des Honigs porträtiert das Leben von Hatidze, der letzten Wildimkerin Nordmazedoniens, die in einer baufälligen Hütte irgendwo im Nirgendwo lebt. Mit großer Hingabe widmet sie sich der Bienenzucht, sorgsam greift sie in ihre Stöcke und entfernt immer nur so viel Honig, dass den Bienen noch genug bleibt. Ein Leben in Koexistenz, wenn man so will. Schwieriger gestaltet sich das Verhältnis zu ihrer bettlägrigen Mutter, die das Haus nicht verlässt und für die Hatidze zwar nach wie vor große Liebe empfindet, die ihr aber auch alles abverlangt. Schon bald bezieht eine mittelgroße Familie den Hof nebenan, baut eine Viehzucht auf und will sich, inspiriert von Hatidze, auch an der Imkerei versuchen. Doch gelingen will das nicht – und da das Familienoberhaupt Hussein ohne Rücksicht Honig und Waben raubt, greifen seine Bienen bald auch die von Hatidze an.

Die Geschichte beginnt ruhig, intim, gewährt keine spektakulären, aber doch interessanten Einblicke. Was sich infolge des Zuzugs der neuen Nachbarn entspinnt, ist allerdings ungeheuerlich und (dramaturgisch) fast zu gut, um wahr zu sein. Würde Land des Honigs nicht einen solch nüchternen, schlichten und beobachtenden Blick haben, man würde ihn sofort für einen Spielfilm halten, so perfekt schließen sich am Ende alle erzählerischen Klammern. Und damit sind wir bei der Inszenierung: Land des Honig verzichtet sowohl auf einen Off-Kommentar als auch auf klassische Interviewpassagen. Er beobachte lediglich, schwelgt in Momenten und wunderschönen Bildern, die stets mit einem Kontrast aus Vordergrund und Hintergrund arbeiten.

Das genügt, um einen authentisches Schlaglicht auf das Leben dieser Frau zu werfen, die ohne Mann und Kind lebt, dafür aber in absoluter Harmonie mit der Natur, die sich in vielen kleinen Gesten äußert, welche – wie so viele ungewöhnliche Momente – alle von der Kamera eingefangen werden. Nach außen hin ist Land des Honigs das Porträt eines beachtenswerten Lebens, in seinem Kern aber viel mehr: eine Geschichte darüber, wie destruktiv die (wenn auch aus der Not geborenen) Gier des Menschen sein kann.

imdb / Trailer

Bild: © Neue Visionen Filmverleih

Comments

3 Antworten zu „Land des Honigs (2019)”.

  1. Avatar von eccehomo42

    So wie du den hier erzählst, hätte der mir sicher besser gefallen, leider hab ich den überhaupt nicht so erlebt, sondern als konfuses Stückwerk, das auf Biegen und Brechen unkonventionell sein wollte.

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    1. Avatar von christianneffe

      Habe auch deine Review bei Letterboxd gelesen und war danach zugegeben sehr verwirrt ^^
      Unkonventionell finde ich ihn schon mal überhaupt nicht – Dokumentaraufnahmen oder Off Erzählung für sich sprechen zu lassen, ist nichts Neues. Oder worauf beziehst du dich damit? Und das Stückwerk kann ich auch nicht nachvollziehen, im Gegenteil: Der Film ist meines Erachtens eine fast schon Spielfilmartig erzählt, hat eine sehr starke 3-Akt-Struktur.

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      1. Avatar von eccehomo42

        Ich finde es schon unkonventionell, dass man den leicht für einen Spielfilm halten könnte, der treibt das ja, wie du erwähnst nochmal auf die Spitze. Dafür fehlt mir allerdings die narrative Struktur, was die Personen angeht. Irgendwann habe ich gedacht, warum finde ich das eigentlich so schlecht? Ich will nicht ausschließen, dass es an mir liegt.

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